Was Du als Autofahrer für die Mobilitätswende tun kannst

In meinem Buch habe ich in einer Schritt-für-Schritt-Anleitung erklärt, wie Du rausfinden kannst, ob Du noch ein eigenes Auto brauchst oder ob es auch ohne geht. Das klingt für Dich nach utopischem Verzichtsgequatsche? Du besitzt ein Auto, weil es ohne nicht geht, weil es keine Alternativen gibt und Du darauf angewiesen bist? Du kannst Dir gerade überhaupt nicht vorstellen, wie ein Leben ohne funktionieren soll? O. k., die gute Nachricht: Auch als Autonutzer*in kannst Du zu einer erfolgreichen Mobilitätswende beitragen. 

Halte dich an die Straßenverkehrsordnung

Damit so viele Menschen wie möglich ihre Alltagswege mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurücklegen, müssen diese Mobilitätsformen attraktiv sein. Attraktiv werden sie u. a. wenn sie sicher sind. In vielen Städten trauen sich Menschen einfach noch nicht aufs Fahrrad, weil sie schlichtweg Angst im alltäglichen Straßenverkehr haben. Zum Glück gibt es schon ein dickes Regelwerk, das für Sicherheit im Verkehr sorgt. Die StVO. Die ist eine ganz gute Richtschnur für Dich. Stimmst Du außerdem dem Satz: „Wir dürfen keine rechtsfreien Räume zulassen“ zu? Perfekt. Willkommen im Team Verkehrssicherheit! Du hast es am Steuer in der Hand.

Überholabstand

Wenn Du Radler überholst, halte dich an den vorgeschriebenen Überholabstand. Innerorts sind das 1,50 Meter, außerorts sogar 2 Meter. Wenn Du diesen Abstand nicht einhalten kannst, dann überhole nicht. Auch wenn das bedeutet – und v. a.. in den engen Städten bedeutet es das sehr oft – dass Du mit Tempo 20 bis zur nächsten Ampel hinter einem Rad herfahren musst. Überhole nicht!

Und falls Du denkst: „Kann der Radler da vorne nicht bisschen weiter rechts fahren!!!!“. Meistens kann er das nicht, weil rechts Autos parken und jederzeit eine Tür aufgehen kann. Der Abstand nach rechts ist für den Radler überlebenswichtig.

Falschparken

Ich weiß, das klingt megakleinlich. Was will der Blockwart von mir? Aber: Parke nicht auf Radwegen, parke nicht auf Gehwegen. Du willst „nur kurz“ was erledigen. Maximal fünf Minuten. Aber: in diesen fünf Minuten kann eine Radlerin kommen, vielleicht meine zwölfjährige Tochter, die wegen Dir auf die Fahrbahn ausweichen muss und sich dadurch in Gefahr bringt. In diesen fünf Minuten kann ein Rollstuhlfahrer kommen, der wegen Dir nicht auf dem Gehweg weiter kommt, im allerschlimmsten Fall auf die Straße ausweicht.

Wenn in einer Stunde noch mal sechs Autos „nur fünf Minuten“ falsch parken, ist es schon ein verkehrsgefährdender Dauerzustand. Es ist wie im Stau. Du bist der Stau. Du bist – auch nur für fünf Minuten – Teil der Verkehrsgefährdung.

Und wenn Du regelmäßig länger als fünf Minuten falsch parkst, weil Du ansonsten keinen öffentlichen Parkplatz findest, wenn also Deine tägliche Mobilität darauf basiert, dass Du jeden Abend Dein Auto verkehrswidrig vor Einfahrten oder an Kreuzungsmündungen abstellst und Du öfter schon mal gedacht oder gesagt hast: „So selten, wie da kontrolliert wird, ist das Knöllchen günstiger als ein Stellplatz“, dann kommen wir zum nächsten Punkt:

Miete Dir einen Stellplatz

Es gibt kein Recht auf einen öffentlichen Parkplatz. In vielen Städten kannst Du Dir eine jährliche Parklizenz kaufen, die es dir erlaubt, auf öffentlichen Parkplätzen zu parken. Das ist sehr günstig (in München z. B. 30 €). Aber es ist keine Garantie, dass Du einen Platz direkt vor Deinem Haus findest. Wenn es bei Dir eng ist im Viertel, dann fährst du wahrscheinlich regelmäßig 20 Minuten oder länger um den Block, um irgendwo was zu finden. Das nervt. Dich, weil es Zeit und Sprit kostet, und alle anderen Anwohner*innen, weil Du dabei Lärm machst, Dreck rauspustest. Und da Du selbst auch Anwohner*in bist, nervt es dich dann auch, wenn Dein*e Nachbar*in das macht.

Die Lösung ist: Verkaufe Dein Auto! Miete dir einen Stellplatz. Ein Stellplatz bietet Dir Vorteile: Kein lästiges Parkplatzsuchen mehr, dein Auto steht wettergeschützt unter der Erde und nimmt keinen wertvollen öffentlichen Raum mehr weg, den man jetzt sinnvoller nutzen kann. Ja, ein Stellplatz ist teurer als 30 € im Jahr. Aber das liegt daran, dass die 30 € ein extrem subventionierter Betrag sind, den alle in der Stadt bezahlen. Auch die, die gar kein Auto besitzen.

Nutze Parkhäuser

Wenn Du mit dem Auto in den Urlaub fährst, vielleicht in ein schönes kleines Städtchen. Vielleicht sogar ein Altstädtchen. Ein Altstädtchen, durch das die Altstadtoberen aus unerfindlichen Gründen immer noch Autoverkehr fahren lassen: Fahre nicht mehr einmal, zweimal, dreimal durch das schöne, kleine Altstädtchen. In der Hoffnung, doch noch irgendwo einen kostenlosen Parkplatz zu finden. Direkt vor der Eisdiele. Du wirst ihn sehr wahrscheinlich nicht finden, am Ende doch außerhalb der Stadtmauer im großflächig ausgeschilderten Parkhaus parken und dann in die Altstadt laufen. Zum Eisessen. Und spätestens jetzt nerven dich die Typen, die hier mit ihrem Auto einmal, zweimal, dreimal durchfahren. Auf der Suche nach einem Parkplatz, den es nicht gibt.

Fahr weniger Auto

Je weniger Du fährst, desto weniger Emissionen produzierst Du und desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Du in einen Unfall verwickelt wirst. Erledige Deine Alltagsbesorgungen zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Gerade in Städten ist man mit dem Rad statistisch gesehen auf einer Strecke bis 6 Kilometern meistens schneller als mit dem Auto. Wenn Du das konsequent durchziehst, stellst Du wahrscheinlich fest, dass Radfahren oder zu Fuß gehen viele positive Effekte hat. Es ist gesund, macht Spaß und man ist viel mehr mit dem eigenen Viertel im Kontakt, trifft Nachbarn, lernt Menschen kennen, vernetzt sich, nimmt andere Lebenswelten wahr, entdeckt ganz neue Ecken, die man bisher noch nicht kannte. Außerdem fällt dir am Ende vielleicht auf, dass Du dein Auto nur noch zweimal im Monat am Wochenende brauchst. Dann kannst Du es verkaufen.

Parke um – im Kopf

Denke immer daran: Du bist der oder die stärkste Verkehrsteilnehmer*in. Wenn Du einen Fehler machst, hat es die schlimmsten Folgen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das Auto eine ganz eigene Blase schafft, dass man darin ziemlich abgeschottet zur restlichen Welt ist. Den Bezug zur Umgebung verliert. Das Auto ist ein ziemliches Ego-Gerät, bringt die eher unsympathischen Seiten des Menschen hervor.

Aber höchstwahrscheinlich bist Du nicht nur Autofahrer*in. Du nutzt auch das Fahrrad oder gehst zu Fuß. Versuche daran zu denken, wenn Du das nächste Mal zu eng überholen willst, wenn Du mal wieder „nur kurz“ falsch parkst. Und selbst wenn Du „im Recht“ bist, denke daran: Du bist der oder die stärkste Verkehrsteilnehmer*in. Auch ein „im Recht“ überfahrener Radfahrer wird den Radfahrer, die Familie und Freunde des Radfahrers und, ja, auch Dich, ein Leben lang unglücklich machen.

Und schließlich: Vielleicht magst Du doch mal kurz mein Buch oder das Buch von Vincent durchblättern, vielleicht kannst Du danach ganz langsam den Gedanken zulassen, dass es unter Umständen doch ohne eigenes Auto geht. Und vielleicht stellst und beantwortest Du Dir die Frage, die Katja Diehl in ihrem Buch Autokorrektur ihren Interviewpartner*innen gestellt hat: Willst Du Autofahren oder musst Du Autofahren?

Falls euch noch mehr konstruktive Ideen einfallen, ab damit in die Kommentare.

18 Gedanken zu „Was Du als Autofahrer für die Mobilitätswende tun kannst“

  1. Du liebe Güte, selten so etwas Herablassendes gelesen, als wären Autofahrer per se blöde.
    Ich überhole nicht zu eng (nie! Einen Radfahrer in die Bredouille zu bringen ist mein Alptraum!), ich parke ausschließlich auf Parkplätzen, nicht auf dem Geh- oder Radweg, ich nehme das Rad für kurze Wege, ist ja auch viel bequemer so.
    Mein Auto fahre ich, weil es meinen Arbeitsweg um mehr als die Hälfte verkürzt, weil ich damit Dinge und nicht so sehr mobile Menschen transportieren kann, wenn nötig, und weil meine Familie mehrere Stunden weit entfernt wohnt, mit den Öffis nach einer halben Tagesreise zu erreichen, mit dem Auto in 2 Stunden (bzw. einer ganzen Tagesreise vs. 4,5 Stunden).
    Ich vermeide Öffis prinzipiell, solange dort Maskenpflicht herrscht. Unlängst musste ich aus beruflichen Gründen mit mehreren Zügen fahren, die alle a) zu spät und b) überfüllt waren. Unattraktiv. Thanks, but no thanks.
    Zusammengefasst: diese Ratschläge helfen mir überhaupt nicht, und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sich irgendjemand davon angesprochen fühlt („Fahr niemanden zusammen, du Loser.“).
    Die ehrliche Antwort wäre wahrscheinlich: hättest du deine ganze Familie zusammengepackt, die Schwiegerfamilie noch dazu, und wärst in eine Mittelstadt gezogen mit Arbeit & Kinderbetreuungseinrichtung für mehrere Personen in Laufweite. Dann vielleicht.

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