10 Minuten an der Bushaltestelle die stadteinwärtsfahrenden Autos auf der Rosenheimer Straße beobachtet. Personenbelegung:
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Eigentlich irre.
— Heiko Bielinski (@heibie) August 7, 2018

Mein spontaner Tweet zur morgendlichen Auslastung von Autos auf einer großen Einfahrtstraße Münchens hat ein paar Antworten provoziert. Ein Best-Of.
Vorweg: Meine Beobachtung bezog sich konkret auf die Großstadt München (und ist wahrscheinlich übertragbar auf andere Metropolen). Im ländlichen Raum ist die Lage sicher anders.
Und: Ich hasse Autos nicht. Einige meiner besten Freunde sind Autos Ich fahr sogar selbst Auto, seit ein paar Jahren aber kein eigenes mehr.
Gleichzeitig wohne ich aber auch in der Stadt. An einer vielbefahrenen Straße.
Wie ich es sehe, in aller Kürze: Das individuell, täglich genutzte Auto nimmt im Vergleich zu anderen Personentransportmitteln zu viel Platz im städtischen, öffentlichen Raum in Anspruch. Es ist eigentlich ziemlich ineffizient, wenn man möglichst viele Personen schnell von A nach B bringen will. Und hat noch ein paar Nachteile mehr.
Ich finde es gut, Autofahren in der Stadt weniger attraktiv, und ÖPNV/Rad/Fußwege im Gegenzug wesentlich attraktiver zu machen.
Meine Lösung sieht wie folgt aus:

So, es wurde viel diskutiert. Hier ist jetzt die ideale Aufteilung für eine moderne, urbane Verkehrsplanung:
1 Busspur2 Radspuren2 Autospuren0 Parkplatzspuren1 Spur für das Carpool Karaoke Auto von James Corden
— Heiko Bielinski (@heibie) August 9, 2018

Das sehen natürlich nicht alle so. Neben den vielen Zustimmungen und Herzchen gab es auch ein paar Gegenstimmen. Die besten hab ich mal zusammengetragen und kommentiert. Das ist natürlich null repräsentativ, aber ich denke, da sind schon viele Sachen drin, die auch in einer groß angelegten Forsa-Umfrage: „Auto vs. ÖPNV“ rauskommen könnten.
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Der ÖPNV ist zu laut, zu voll, man wird krank und bekommt Flöhe.
Damit kann ich, bis auf die Flöhe, als Anwohner einer vielbefahrenen Straße auch genau umgekehrt, gegen den Autoverkehr argumentieren. Und als Bonus gibt es das alles für mich auch noch den ganzen Tag und nicht nur zu den Pendelzeiten am Morgen und Abend.
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Mit dem eigenen Auto fahren ist viel günstiger, als mit dem ÖPNV

Ich Fahre Auto weil ich pro Arbeitsstrecke eine Stunde einspare und der ÖPNV teurer ist als der Benzinverbrauch.
— Der Stempler (@dieser_kai) August 8, 2018

Die Rechnung stimmt in den meisten Fällen wahrscheinlich nur, wenn man lediglich die Benzinkosten berechnet. Dazu kommen aber eigentlich noch Versicherung, Parkgebühren, Steuer, Werkstattkosten und v.a. der Wertverlust. Man kann zwar sagen: „Ich habe das Auto ja sowieso, fahr ich halt auch damit.“ Die ganzen Kosten gehen davon aber faktisch ja nicht weg. Der ADAC bietet hier einen guten Kostenkalkulator für die tatsächlichen, durchschnittlichen monatlichen Autokosten. Die kann man sich ja anteilig z.B. auf den täglichen Pendelweg hochrechnen und dann mit einem Monatsticket vergleichen.
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Der ÖPNV ist unpünktlich und unzuverlässig.
Man sei ja schon bereit S-Bahn zu fahren. Aber erst wenn sie wirklich immer supersuperpünktlich ist.
https://twitter.com/lutz_reinhardt/status/1027253863148146688
Auf der einen Seite verliert ein Münchner S-Bahn-Pendler im Jahr handgemessene 16 Stunden Lebenszeit. Das nervt, keine Frage. Und natürlich kommt es in München immer wieder zu kompletten S-Bahn Ausfällen, Busse und U-Bahnen haben Verspätung. Das MVV-Pendlerleben ist kein leichtes.
Auf der anderen Seite ist München aber halt auch Autostau-Hauptstadt. 51 Stunden verschwenden Münchner jährlich im Auto. Eine ehrliche Rechnung müsste also die jährliche Zeitverschwendung durch verspätete und ausgefallene öffentliche Verkehrsmittel und die vertrödelte Zeit im Stau gegenrechnen.
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Der Autofahrer wird eh schon abgezockt. Parkgebühren sind z.B. Wegelagerei.

Wenn du die Parkgebühren (die eh schon an Wegelagerei grenzen) noch höher drehst, wird sich der Lokale Einzelhandel freuen, dann dann werden die Geschäfte noch weniger besucht werden als eh schon.
— Der Stempler (@dieser_kai) August 8, 2018

In München zahlt man für einen Parkausweis, der zum Parken im Wohnviertel berechtigt, 30 €. Das sind 2,50 € im Monat. Das ist noch günstiger als eine Einzelfahrt mit dem MVV. Und dafür wird ein öffentlicher Platz freigehalten, auf dem sonst mindestens 10-12 Fahrräder stehen könnten. Wenn man alle gesellschaftlichen Kosten dazurechnet, die direkt oder indirekt vom Auto verursacht werden, kommen Autofahrer momentan wahrscheinlich noch ziemlich günstig weg.
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Wenn keine Autos mehr in die Stadt fahren, stirbt der Einzelhandel
Konkrete Beispiele zeigen dass genau das Gegenteil der Fall ist. Einkaufsstraßen werden wieder attraktiver und es geht dem Einzelhandel besser. Die einleuchtendste Erklärung hab ich mal von einem Verkehrsforscher gehört (die Quelle finde ich leider nicht mehr). Sinngemäßg ging das so: „Auf einen Autoparkplatz passt nur ein Geldbeutel. Auf den gleich großen Fahrradparkplatz passen 10-12 Geldbeutel.“
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Das Auto „stirbt“

Letztes Jahr 1 Monat w/verstorbenen Auto ÖPNV. War Zeit der großen Unwetter. 2xumsteigen u krank. Die Fahrten haben mehr Kraft gekostet, als ich zur Verfügung hatte.
— Luisenstadt-Fotograf ? (@LuisenstadtFoto) August 10, 2018

Ich glaube, die Formulierung erklärt ganz gut das irrationale Verhältnis vieler Menschen zu ihrem Auto. Es geht nicht kaputt, es stirbt.
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Du bist nur neidisch auf die Menschen mit den dicken Autos.
https://twitter.com/m4rc3l85/status/1026824377835368454
Das kann ich ausschließen.
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Aber die Fahrradfahrer halten sich nicht an Regeln!

Vor allen Dingen braucht es Radfahrer (und Autofahrer und Fussgänger), denen Verkehrsregeln nicht „sch….“ egal sind. In M herrscht im Zentrum Anarchie auf den Strassen. Fahrrad heisst für mich Wald, Seen, Berge statt abgasstinkende volle Strassen und Lebensgefahr.
— FrankRiemenschneider (@RiemenschF) August 8, 2018

Aber, aber … whatabout!?
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DU BIST KEIN VEGETARIER!
https://twitter.com/JuergenKuehner/status/1026746593536401408
und kaufst nur Billigfleisch! „Edeka halt“. ¯_(ツ)_/¯
https://twitter.com/JuergenKuehner/status/1026751993526804481