Einfach erklärt und angespannte Betriebsqualität

Zwei Texte sind mir in den letzten Tagen in die Timeline geploppt. Beide versuchen zu erklären, warum es gerade so ist, wie es ist. Beide sind dabei ziemlich einfach.

Der Text von Frank Rieger heißt sogar Die ganz einfache Erklärung. Der andere Hier spricht Jan Böhmermann. Rieger sagt, dass es einen Teil der Gesellschaft gibt, der Beständigkeit braucht und Veränderung skeptisch sieht. Der Teil lebt eher auf dem Land und wer davon nicht auf dem Land lebt, leidet in der Stadt unter den Progressiven. Böhmermann identifiziert die Menschen von gestern, die Menschen von heute und die Menschen von morgen. Die letzteren zwei sollen die ersten einfach zurücklassen und vorangehen.

Ich hab beim ersten Lesen der beiden Texte viel genickt. Weil sie eben so einfach sind. Und weil ich beide Theorien schablonenhaft über vieles in meinem Umfeld und meiner Herkunft legen kann. Andererseits: Bei einfachen Erklärungen lieber erst mal skeptisch sein. Schablonen, die auf meine persönliche Wahrnehmung passen, liefern mir schließlich auch Horoskope.

Sympathischer erscheint mir Riegers Ansatz. Weil er nicht wertet.

Warum nicht werten gut ist, um wieder ins Gespräch zu kommen, höre ich dann unerwartet in einer neuen Folge vom Wild Wild Web Podcast. Es geht darin erst mal um die Frage, ob das Kleid gold oder blau ist. Kennen wir. Dann um die Erklärung für solche Phänomene. Es sind Prägungen und Erfahrungen, anhand derer unser Hirn Sachen ergänzt. Der interviewte Soziologe ist sich ziemlich sicher, dass solche Phänomene angeheizt von Social-Media und KI im Prinzip dafür sorgen werden, dass wir uns alle irgendwann gar nicht mehr verständigen können. Gold gegen Blau. Zum Glück geht die Episode dann noch weiter und begleitet drei Menschen in ein bayrisches Gefängnis, die dort Präventionsworkshops geben, in denen sie Gefangene spielerisch mit ihren Vorurteilen konfrontieren und sie zum Reflektieren bringen. Der Hebel dazu ist: nicht werten. Und im Gespräch bleiben (nein, nicht mit Nazis, ich denke dabei eher an so Diskussionen wie: Soll hier ne Fußgängerzone hin oder nicht. Das ist schon aufgeheizt genug). Ist natürlich anstrengend. Hat man nicht immer Bock drauf. Aber, und da hat Böhmermann zumindest den catchyieren Claim: Einander ist alles, was wir haben.

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Die Bahn schreibt mir.

Aufgrund des Hochwassers Anfang Juni und einer angespannten Betriebsqualität haben wir aktuell im Servicecenter Fahrgastrechte ein deutlich erhöhtes Antragsaufkommen. Daher kommt es zu Verzögerungen und längeren Bearbeitungszeiten.

Ich muss wirklich überlegen welches Hochwasser sie meinen. Man hat sich irgendwie dran gewöhnt. Genauso wie man sich daran gewöhnt hat Fahrgastrechteformulare auszufüllen.

 

4 Gedanken zu „Einfach erklärt und angespannte Betriebsqualität“

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  • 💬 Heiko Bielinski

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