Wenn man eine Reise tut …

… dann muss man einiges beachten.

Wir buchen die Zugfahrt nach Hamburg schon ein paar Monate im Voraus. Zwei Monate vor Abfahrt meldet die Bahn-App: „Ihre Verbindung fällt leider aus“. Das klingt so, als müssten wir uns um eine neue Verbindung kümmern. Ich schaue aber zur Sicherheit noch mal nach und tatsächlich: Der ICE fährt durchaus noch nach Hamburg.

Nicht mehr bis zum Hauptbahnhof, aber immerhin bis Hamburg-Harburg und das ist ja schon ein bisschen was anderes als „Ihre Verbindung fällt leider aus“. Da könnte man die Meldung doch ein bisschen differenzieren. Findet auch die Bahnmitarbeiterin am Schalter, die ich zur Sicherheit noch mal frage, ob unsere reservierten Plätze noch Gültigkeit haben.

Ein paar Wochen vor Abfahrt spitzt sich dann der Bahnstreik zu. Es ist mit weiteren Wellenstreiks zu rechnen. Ich denke mir, so ein Wellenstreik entfaltet wahrscheinlich die meiste Wirkung um die Osterfeiertage und buche mal zur Sicherheit ein Car-Sharing-Auto. Wobei die Vorstellung, zum Beginn der Osterferien mit dem Auto von München nach Hamburg zu fahren, nicht zu meinen Lieblingsvorstellungen zählt.

Ich checke am Abreisetag um 7 Uhr noch mal schnell die App, um sicherzugehen, dass dieses Wochenende nicht die Stammstrecke gesperrt ist. Die wird gerne mal renoviert am Wochenende und das geht manchmal informationstechnisch an mir vorbei. In der App: Alle Weichen auf grün!

Wir sind um 7:30 am S-Bahn-Gleis. Die Anzeige sagt: Stammstreckensperrung.

Ich schau noch mal in die MVG-App. Das steht da jetzt auch. Irgendwas muss in den letzten 30 Minuten kaputt gegangen sein. Alle ÖPNV-Alternativen zum Bahnhof dauern ab jetzt zu lang. Ein Taxi muss her.

Wieder an der Oberfläche winke ich das erste Taxi in Sichtweite ran. Es steht noch an der Ampel und hat die Kofferraumklappe offen. Aber nicht, weil da gerad Koffer ausgeladen werden, sondern einfach so. Das Taxi scheint mit offenem Kofferraumdeckel durch die Stadt zu fahren. Interessant.

Der Taxifahrer hält. Zuerst sieht er nur mich. Als ich ihm verdeutliche, dass wir zu viert sind, meint er, das ginge leider nicht. Unsere Koffer passten nicht in seinen Kofferraum. Ich schlage ihm vor, dass ich einen Koffer auf den Schoss nehme. Er meint, das ginge nicht, weil das seine Ledersitze kaputtmachen würde. Ich versuche mir vorzustellen, wie durch meine, ich will nicht angeben, aber doch eher robusten Oberschenkel, der Koffer die Ledersitze kaputtmacht und ertappe mich gleichzeitig bei dem Gedanken, dass der Taxifahrer vielleicht gar nicht so viel Interesse an der Ausübung seines Berufes haben könnte.

Bevor ich tiefer in die Debatte einsteigen kann, ruft uns ein zweiter Taxifahrer, der ebenfalls Stammstreckengestrandete aufnimmt, aufmunternd zu: „Der MUSS Sie mitnehmen!“ Und meint mit DER seinen Kollegen mit den hochsensiblen Ledersitzen.

Unser Taxifahrer will gerade die lautstarke Diskussion mit seinem Kollegen eröffnen, als sich von links noch lautstärker ein genervter Radfahrer beim Taxler beschwert, weil er mit dem Halteplatz des Taxis nicht ganz einverstanden ist. So viel meinungsstarke männliche Stimmen wie an diesem Morgen auf der Kreuzung am Rosenheimer Platz gibt es sonst nur einmal im Monat bei meinem Stammtisch.

Wir nutzen die unübersichtliche Lage und verstauen unsere vier Koffer selbst. Stellt sich raus: Im Kofferraum ist noch Kofferraum. Sogar für einen fünften Koffer. Wir verzichten aber aus taktischen Gründen darauf, dass noch mal extra zu betonen und sind froh, dass der Taxifahrer jetzt doch die Arbeit aufnimmt und uns zum Bahnhof bringt.

Der Zug fährt pünktlich ab und ich storniere auf Höhe Hackerbrücke das Car-Sharing-Auto. Sieben Stunden später flanieren wir an der Elbe entlang bis hinauf zur und in die Elbphilharmonie.

 

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