Bochum! Wir fahren zu Dir!

Donnerstag Nachmittag geht es los.

Also zuerst geht es nicht los. In München ist am frühen Morgen am Isartor eine S-Bahn entgleist und seitdem fahren die S-Bahnen nicht mehr. Die S-Bahn fährt natürlich nicht nach Bochum, aber der Zugführer, der uns nach Bochum fährt, fährt mit der S-Bahn zur Arbeit. Er verspätet sich etwas. Wer kennt’s nicht?

Wir – Freund Thomas und ich – bleiben aber entspannt. Ich fahre das erste Mal in meinem Leben 1. Klasse, wir haben eine Direktverbindung und im Bordrestaurant wartet nachher eine Bolognese und ein Pils auf mich. Warum ärgern?

Kurz nach Augsburg springt dann plötzlich die Anzeige um.

Das lässt keinen Interpretationsspielraum. Der Zug fährt heute nur bis Stuttgart. Alle weiteren Halte ersatzlos gestrichen.

Erst mal ablenken. Auf Instagram sehe ich, dass fast zeitgleich ein weiterer großer Bayer die Landeshauptstadt verlässt. In seiner Aktenmappe hat er den großen Investitionsplan für die Deutsche Bahn.

Nur Spaß.

Ausgerechnet auf der Bahnhofsbaustelle Stuttgart stranden, wo du vom Gleis zum Ausgang einen Tagesmarsch einplanen musst.

Jetzt taktisch überlegen, welche Alternativverbindung. Länger warten in Stuttgart und was essen und alle Gestrandeten ziehen schon weiter? Dafür aber nach hinten raus kaum noch Spielraum. Schneller ankommen mit mehr Umsteigen, später ankommen mit weniger Umsteigen? Bahnfahren als Strategiespiel. „Zugbindung aufgehoben“ als Default-Zustand.

Es gibt eine länger-warten-Hans-im-Glück-Entscheidung.

Nach dem Essen zurück in den Zug, nächster Halt: Essen. Zufall? Von dort werden es dann nur noch fünf Minuten nach Bochum sein.

Durchsage Einfahrt Essen:

„Nächster Halt Essen. Vielen Dank für ihre Fahrt mit der Deutschen Bahn … Oh, ich sehe gerade, das ist gar nicht Essen. Wir sind in Gelsenkirchen. Das überrascht mich jetzt selbst.“

Alle hier um 23:40 am Bahnsteig in Gelsenkirchen teilen dieses Gefühl der Überraschung. Nehmen wir also noch eine Regionalbahn nach Herne (das mit der 1. Klasse ziehen wir natürlich konsequent durch) und dann mit U-Bahn nach Bochum.

00:30 (statt 21:50) Hauptbahnhof Bochum und wir rechnen schon mal hoch, wie viel Currywurst und Bier uns das Fahrgastrechteformular dieses Wochenende finanziert.

6 Gedanken zu „Bochum! Wir fahren zu Dir!“

  1. Oh, in dem Zug saß ich auch. Ich hatte das Glück, dass ich eh nur bis Stuttgart wollte. Mir taten die anderen Reisenden jedoch echt Leid, z.B. eine Dame in meinem Abteil, die mit viel Gepäck nach Köln reiste.
    Wer in Deutschland Bahn fährt, muss körperlich fit sein, das Streckennetz auswendig kennen und den DB Navigator bedienen können. Und man sollte finanziell gut aufgestellt sein, um sich Flextickets, spontane Taxifahrten und Überbrückungszeiten im Restaurant leisten zu können.
    Ich würde sagen: sehr viele ältere Menschen sind da schon mal ausgegrenzt.

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