Der Tag beginnt sehr früh, denn es sind ja auch viele Kilometer zurückzulegen.
Kurz vor Abfahrt habe ich mir noch einen neuen Koffer besorgt. Der Verkäufer erklärt mir, wie das Zahlenschloss funktioniert und dass das kleine Schlüsselloch daneben nichts für mich ist. Da hat nur der Zoll einen Generalschlüssel dafür. Interessant. Aber immer noch besser, als den Koffer aufschlitzen, nur weil der Zoll illegal eingeführten dänischen Trinkjoghurt im Koffer vermutet (Der Fachbegriff für das Schloss heißt TSA-Schloss und den Schlüssel haben nur offizielle Beamte. Oder alle andere Menschen, die eine Suchmaschine bedienen können)
Der Zug fährt um 5:52 los. Das bedeutet, wir müssen spätestens um 4:30 aufstehen, weil ich immer lieber ein bisschen zu früh – sprich 50 Minuten vor Abfahrt – am Bahnhof bin. Das bedeutet also entweder früh ins Bett am Vorabend oder: gar nicht ins Bett. Ein Familienmitglied entscheidet sich für Letzteres, weil grad sowieso ein Valo-Turnier aus Übersee übertragen wird. Ich erinnere mich daran, wie ich früher durchgemacht habe um die Australien Open zu schauen. Der Aufschlag von Boris war ja im Prinzip auch nur ein Ego-Shooter.
Pünktlich um 12 Uhr stationieren wir in Hamburg eine Stunde zwischen. Deutsche Bahnhöfe zeichnen sich primär nicht durch Aufenthaltsqualität aus, aber in Hamburg haben grad irgendwelche durchgeknallten Stadtverbesserer vorm Bahnhof Holzmöbel aufgestellt und wir können unsere Tupperdosen einigermaßen komfortabel öffnen.
Minimal verspätet kommen wir gegen 18 Uhr in Kopenhagen an.
Man muss sich das noch mal kurz vergegenwärtigen: Wir haben innerhalb von 12 Stunden nahezu problemlos 1000 Kilometer zurückgelegt und dafür 170 € (3 Erw., 1 Kind) bezahlt. Auf meinen Toot dazu gibt es die Reaktion, die es eigentlich immer gibt, wenn ich ausrechne, wie günstig man mit der Bahn reisen kann, wenn man frühzeitig Sparpreise bucht: das geht ja nur, wenn man extrem früh Sparpreise bucht und deshalb ist es auch gar nicht so alltagstauglich.
Aber welche 10 Gründe könnte es denn geben für eine Kopenhagenreise? Mir fallen für mich nur zwei ein, davon eine, bei der ich selbst die Fahrtkosten zahlen muss: Dienstreise oder Urlaub.
Und Urlaub plant man – zumindest mit schulpflichtigen Kindern – normalerweise ja schon frühzeitig, weil sonst Hotels oder Ferienwohnungen in der Sommerferienzeit weg sind und wenn man dann so ein Hotel ein halbes Jahr im Voraus bucht, dann bucht man halt auch noch den Zug dazu. Ja, Bahn ist nicht günstig – wenn man heute ohne BahnCard für morgen eine Verbindung nach Kopenhagen bucht. Aber wie oft ist das denn der Fall?
Wir erkunden bei mäßigem Wetter noch ein bisschen zu Fuß die Umgebung und kommen am Tivoli und dem Palads Kino vorbei. Das Kino scheint mit seiner bonbonfarbenen Fassade nur noch darauf gewartet zu haben, dass endlich ein Barbie-Film rauskommt. Jetzt hat es alles erlebt und kann sterben. Bald soll es abgerissen werden.
Auf dem Rückweg zum Hotel erzähle ich noch von einem lustigen Postillon-Posting, das mich zuletzt amüsiert hat. Ein Familienmitglied schaut mich verständnislos an und fragt, was ein Postillon ist. Ich hole umständlich aus und erkläre was von wegen Satireseite, die ein einzelner Franke als Blog gegründet hat und die bla bla bla … Ein anderes Familienmitglied grätscht in meinen Vortrag: „Das sind Memes für alte Leute.“
Das sitzt, hindert mich aber nicht daran, gleich im Hotelzimmer noch darauf hinzuweisen, dass das Stockbett – entgegen dem angebrachten Hinweisschild – oben ja wohl schon mit zwei Kindern ziemlich gut ausgelastet sei.
****