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Ist mein Internet schnell genug?

Verbraucher haben seit 2022 mehr Rechte gegenüber ihrem Internetanbieter und können bei zu geringer Internetgeschwindigkeit den monatlichen Preis mindern. Ein paar Erfahrungen aus der Praxis.

Dass mein Internetanbieter evtl. nicht ganz die im Vertrag versprochene Geschwindigkeit zur Verfügung stellt – das Gefühl hatte ich in den letzten Jahren immer mal wieder. Seit einem Jahr kann man diesem Gefühl jetzt amtlich auf den Grund gehen und sollte es sich bestätigen, sogar eine Beitragsminderung verlangen oder den Vertrag kündigen. So sieht es EU-Recht vor und so wurde es mittlerweile auch in Deutschland umgesetzt. Also in der Theorie zumindest. Ich hab mir das mal in der Praxis angeschaut.

Die Messkampagne

Um rauszufinden, ob der eigene Internetanbieter wirklich dauerhaft nicht abliefert, reicht es nicht einmal kurz den ComputerBild-DSL-Monitor im Browser aufzurufen.

Wir brauchen eine Messreihe! Eine Messreihe, die unter ganz bestimmten Voraussetzungen abläuft.

Die Bundesnetzagentur stellt für diesen Zweck das Tool Breitbandmessung für alle gängigen Betriebssystem zur Verfügung. Mit dem Tool kann man eine Messkampagne durchführen.

Eine Messkampagne besteht aus insgesamt 10 Messungen innerhalb eines Tages. Zwischen jeder Messung müssen mindestens fünf Minuten liegen, zwischen der 5. und 6. Messung mindestens drei Stunden und zwischen jeder Messkampagne mindestens ein Tag. Außerdem muss der messende Rechner per LAN-Kabel am Router hängen und es sollten sonst keine weiteren Internetaktivitäten im Haushalt laufen.

Praktisch bedeutet das, man muss sich einen ganzen Tag für eine Messkampagne einplanen und zwischendurch immer mal wieder der Familie zurufen, dass jetzt grad kein Youtube angesagt ist. Für ein amtliches Endergebnis benötigt man drei korrekt durchgeführte Kampagnen. Also nicht ganz unaufwendig das Ganze. Geht am besten, wenn man die Möglichkeit zum Homeoffice hat oder an einem freien Tag.

Das Tool Breitbandmessung ist dabei vorbildlich in der Nutzerfreundlichkeit. Es wird alles sehr gut erklärt, man wird Schritt für Schritt durch die Messkampagne geführt und hat jederzeit den Überblick über den aktuellen Kampagnenstand.

Nach drei erfolgreichen Messkampagnen bekommt man ein ausführliches Ergebnisprotokoll. Bei mir sah das beim ersten Mal so aus:

Im Download also erhebliche, regelmäßige Abweichungen von der versprochenen Geschwindigkeit.

Mit dem Ergebnis weiterarbeiten

Mit diesem Ergebnis kann man jetzt eine Preisminderung einfordern. Also theoretisch. Praktisch wird es jetzt interessant. Bis hierhin war alles stark formalisiert und einheitlich. Wie es mit dem Messprotokoll aber weitergeht, bleibt ein bisschen offen.

Man muss sich damit direkt an den Support oder Kundenservice seines Anbieters wenden. Wir haben 1000MBit-Kabel-Internet bei Vodafone (ehemals KabelDeutschland) und meine Erfahrungen mit dem Vodafone-Support sind, sagen wir mal, divers und umfangreich.

Ich habe also mehrere unterschiedliche Telefon-Hotlines durchtelefoniert, mit einem Chatbot geschrieben und den Twitter-Support kontaktiert.

Zumindest Ende 2022 hatte ich da den Eindruck, dass der Anbieter mit dem Verfahren bisher noch nicht so viel Kontakt hatte. Oder haben wollte. Meine Anfrage wurde einmal als Störungsmeldung interpretiert und ich wurde mehrmals an andere Telefonnummern weiter verwiesen. Aber egal. Ein paar Hotline-Kontakte später konnte ich mein Problem dann verständlich vermitteln und man versicherte mir, dass man es beheben würde. Außerdem solle ich die Messung doch noch mal mit einem anderen Computer durchführen. Man wisse ja nie.

Ich hab also ein paar Tage gewartet und noch mal drei Messkampagnen durchgeführt. Das Ergebnis war dann so, wie es sein sollte.

Ob Vodafone wirklich technisch was gemacht hat, ob es am zweiten Messrechner lag oder einer Mischung aus beidem: es bleibt ein bisschen Blackbox.

Fazit

Grundsätzlich ist das alles eine gute Sache. Das Nachweisverfahren ist zwar aufwendig, aber machbar. Gut wäre, wenn das Verfahren nach der Messung noch standardisiert werden könnte. Die individuelle Auseinandersetzung mit unübersichtlichen Support-Hotlines bietet noch viele Schlupflöcher, um das ganze auszusitzen, die Handhabe des Kunden gegenüber dem Anbieter bleibt da noch recht schwammig. Die Verbraucherzentrale NRW hat ein Tool, mit dem man die Preisminderung berechnen kann und in der c’t wird das ganze auch noch mal sehr gut erklärt.

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