Wer bremst, gewinnt!

Im Urlaub sind wir sehr viele Autokilometer durch Deutschland und sehr viele Autokilometer durch Schweden gefahren. Zwei sehr unterschiedliche Verkehrswelten.

Autofahren in Schweden ist insgesamt sehr entspannt (das Folgende gilt wahrscheinlich auch für die meisten anderen europäischen Länder). Das hat zwei Gründe:

  1. In Schweden wohnen nur 23 Einwohner pro km². Das Land ist deutlich größer als Deutschland und hat nur zehn Millionen Einwohner. Es ist also viel Platz. Überall. Auf den Straßen ist deutlich weniger los als bei uns.
  2. Es gibt Tempolimits. Sowohl auf Landstraßen, als auch auf der Autobahn. Und das Verrückte ist: Die Leute halten sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen. Und zwar exakt. Es gibt kein „bei Tempo 80 fahr ich immer 15 – 20 Km/h schneller. Passt ja schon …“. Und das, obwohl die Straßen dort größtenteils sehr, sehr breit, sehr sehr gerade und sehr, sehr leer sind.

Für jeden Deutschen eine klare Aufforderung zum Gaspedaldurchtreten. In Schweden fährt auf so einer Straße einfach jede/r die vorgegebenen 80 Km/h.

Warum das so ist? Zu schnelles Fahren ist teuer (10 Km/h = 150 €, 20 Km/h = 250 €, 50 km/h = 450 €). Und es wird kontrolliert. In regelmäßigen Abständen weist ein Schild auf die nächste Radarkontrolle hin.

Kurz danach steht dann gut sichtbar eine fest installierte Blitzstation.

Das führt zu einem sehr gleichförmigen Verkehrsfluss. Auch auf der Autobahn gibt es eigentlich kaum Gründe zum Überholen. Drängler haben wir keine erlebt, der Sicherheitsabstand wird eigentlich immer eingehalten. Es ist alles wirklich sehr gechillt.

Besonders krass fällt einem das auf, wenn man an einem Tag von Schweden nach Deutschland zurückfährt. Sobald man die deutsche Autobahn betritt geht das Stresslevel hoch. Es wird gedrängelt, zu nah aufgefahren, viel zu schnell gefahren. Obwohl ich mir eigentlich bewusst bin, dass Tempolimits sinnvoll sind und ich auch ohne Begrenzungsschild nicht mehr als 130 Km/h fahren will, gelingt mir das auf der deutschen Autobahn nicht immer. Der umfließende Verkehr zieht mich mit. Der Nachbar fährt 20 Km/h schneller als erlaubt? Da kann ich mich ja dran hängen. Und dann auch noch schnell überholen. Machen die anderen ja auch. Das fordert alles deutlich mehr Aufmerksamkeit und ist anspruchsvoller und fehleranfälliger als auf der schwedischen Autobahn. Ich muss mich da immer wieder selbst runterbremsen.

Es gibt viele rationale Gründe für ein allgemeines Tempolimit auf deutschen Autobahnen. Die Wikipedia hat alle aufgelistet.

Meine ganz persönlichen Gründe wären: Ich will entspannter Auto fahren (wenn es denn mal sein muss) und mich sicherer fühlen. Gerade weil bei uns alles dichter und voller ist, wäre so ein schwedischer Verkehrsfluss doch viel, viel sinnvoller. Außerdem flucht meine Frau auf deutschen Autobahnen immer wie ein Rohrspatz über Drängler und Raser. In Schweden dagegen: kein unflätiges Wort. Den ganzen Urlaub.

17 Gedanken zu „Wer bremst, gewinnt!“

  1. Exakt meine Beobachtungen. Es ist sooo viel entspannter. Wenn du in Deutschland bei erlaubten 100 irgendwas zwischen 95 und 105 fährst, wird sofort gedrängelt und überholt. In Schweden fahren die Leute kilometerweiter völlig entspannt hinter dir.


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  2. Hm. Seid ihr auch längere Strecken in Schweden gefahren? Ich hatte das vor zwei Jahren auf Okinawa und fand 80 km/h auf längere Strecken wirklich ermüdend, meine Freundin auf dem Beifahrersitz sogar noch mehr.


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  3. Selbe Beobachtung hier: Frankreich, Schweiz, Österreich, der Verkehr fließt einfach. Und vor allem kann man relativ gelassen auf die linke Spur, um langsamere zu überholen. In Deutschland kommt da schon sofort einer mit 200 km/h aus dem Nichts angeschossen und baut Druck auf. 🤮


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  4. Eines meiner letzten Bilder 2020 war die Eingangstür des Strom in München. Ab 4. Januar poste ich bis in die Mitte des Jahres regelmäßig den Impffortschritt in einen Twitter-Thread. Am Anfang ist es ein bisschen zäh. Alle regen sich auf, dass nicht innerhalb von drei Wochen genug Impfstoff für 80 Millionen Deutsche da ist. Mitte des Jahres dann … Biontech und die anderen Hersteller haben geliefert. Aber die Nachfrage lässt dann doch ein bisschen zu wünschen übrig.

    Zur besseren Nachverfolgung und – irgendwann – Aufheiterung, poste ich jetzt regelmäßig einen Screenshot von dem Impf-Widget 👇 pic.twitter.com/B0dY9MTLp2— Heiko Bielinski (@heibie) January 4, 2021

    Den Jahreswechsel und die ersten paar Wintermonate verbringen wir größtenteils im nahen Wohnumfeld. Hab vergessen, welche Welle da grad war, aber man vermeidet halt immer noch Kontakte und die Kinder lernen wieder mal zu Hause. Deutlich besser organisiert als im Jahr davor.

    Immerhin Schnee in der Stadt und jemand setzt einen Schnee-Baby-Yoda auf die Parkbank.

    Viel Zeit für Stadtspaziergänge. Mit der Familie Sendling erkundet. Dort kündigt sich schon das Gasteig-Interim an. Dazu später mehr.

    Mit dem Rad entdecke ich noch ein paar neue Ecken in der Messestadt Riem. Das alte Flughafengebäude z.B.

    … und zu Fuß beobachte ich, wie das nahe Werksviertel beständig wächst und was es da an neuen Grafittis gibt.

    Dann ist der 29. März und mein Buch „Einfach autofrei leben“ erscheint endlich. Fertiggestellt hatte ich das eigentlich schon pünktlich zum Pandemiebeginn 2020. Hat sich dann alles bisschen verzögert, hab noch ein paar neue Erkenntnisse zur Mobilität während einer Pandemie eingebaut. Und jetzt kann man es tatsächlich in jeder Buchhandlung kaufen. Juhu!

    Mit der Buchveröffentlichung kommen im Lauf des Jahres ein paar neue Sachen, die ich bisher noch nicht gemacht habe: ich gebe Interviews, werde in Podcasts eingeladen, halte einen ersten Vortrag und sitze sogar vor Kameras in einer kleinen Diskussionsrunde. Das sind größtenteils Situationen, in denen ich mich vor nicht allzu langer Zeit noch eher unwohl gefühlt hätte. Ich hab mich das jetzt einfach mal getraut, es hat Spaß gemacht und ich glaube, es hat ganz ok geklappt. Hoffe ich zumindest. Da kann gerne noch mehr kommen. Fragt mich einfach an. Ich mach das jetzt. (eine Übersicht mit allen bisherigen Veranstaltungen und Medienveröffentlichungen gibt es hier)

    Frühling und Sommer dann tatsächlich ganz gut und wieder mehr unterwegs. Einige Ausflüge mit Rad und zu Fuß. In den Weltwald, zu den Schleierfällen, durch das Valepp-Tal und eine Runde mit den Alpakas.

    Und endlich auch mal wieder Biergarten …

    … und Konzerte. Immerhin zwei. Ringlstetter im Innenhof des Deutschen Museums und *The Notwist *im Olympiastadion. Schön und wichtig für die Künstler. Aber noch weit entfernt vom Normalzustand in einem engen, verschwitzten Club, z.B. dem Strom.

    Im späten Sommer ist dann sogar ein Urlaub im Ausland möglich. Eigentlich war die Tour mit der Bahn geplant. Man kann von München aus an einem Tag bis nach Kopenhagen fahren. Dort ginge es dann mit dem Mietwagen die restlichen vier Stunden weiter bis nach Süd-Schweden. Corona und ständig wechselnde Risikogebiete lassen uns dann aber kurzfristig doch zum Auto greifen. Sehr anstrengend. Will eigentlich nur noch Zug fahren.

    Anfang des Jahres war das HP8 noch Baustelle. Im Herbst 2021 ist es soweit: Das erste Interim-Quartier des Gasteig eröffnet. Wir sind beim Test-Opening mit voll besetzten Rängen (und Masken) dabei und später schau ich mir das noch mal genauer im geöffneten Zustand an.

    Ein paar Wochen später eröffnet das zweite Interim der Stadtbibliothek. Ganz zentral am Rosenheimer Platz, zwischen dm und Aldi.

    Finde beide Standorte auf ihre Art spannend und innovativ. Stadtbibliotheken sind gerade in Zeiten, in denen Wohnraum immer teurer wird und konsumfreie öffentliche Räume rar gesät sind, wichtige Orte für alle Menschen der Stadt.

    Deutlich weniger zugänglich ist das Dach des zentralen Münchner Hochhauses The Seven in der Müllerstraße. Im November kann ich beruflich im Rahmen eines geführten Stadtspaziergangs einmal München bei Nacht von da oben sehen und fotografieren. Fantastisch. (Es gibt im Jahr normalerweise zwei Stadtspaziergänge des Referats für Stadtplanung und Bauordnung, die auch auf das Dach des The Seven führen. Die sind immer schnell ausgebucht. Seit Ende 2020 arbeite ich im PlanTreff, der die Spaziergänge veranstaltet)

    Das Schuljahr der Kinder verläuft tatsächlich einigermaßen normal. Auch Vereinssport ist wieder möglich. Die Kinder haben das erste Pandemiejahr mit den Lockdowns und daheim rumhocken echt gut bewältigt, aber ich habe im letzten Jahr gemerkt, wie wichtig für sie auch normaler Alltag ist. Mit all den sozialen Kontakten, die der mit sich bringt.

    Unser älterer Sohn hat schon pünktlich zum Ende der Sommerferien den vollen Impfschutz, die Tochter dann in den ersten Dezemberwochen. Ein Privileg. Eltern kleinerer Kinder haben diese Möglichkeit nicht, die Schulen sind trotz aller politischen Beteuerungen noch immer nicht optimal auf die Lage ausgerichtet, die Klassenräume zu klein, zu wenig Personal, Raumlüfter trudeln erst im Laufe des Jahres ein und Kinder werden bei neuen Regelungen auch immer wieder mal vergessen. Die einen Eltern haben kein gutes Gefühl, ihre Kinder jeden Tag ungeschützt einer potentiellen Infektion auszusetzen, die anderen brauchen die Schule, damit ihr Alltag weiterlaufen kann und weil es sich daheim schwerer lernt. Es ist ein ätzendes Dilemma.

    Insgesamt habe ich das Gefühl, dass sich an der Schule der Kinder seit Pandemiebeginn vieles gebessert hat. Der digitale Unterricht läuft organisierter und besser und vor Ort funktioniert Testen und Masketragen ganz gut.

    Im November jogge ich am frühen Abend auf meiner Isarlaufrunde an einem kleinen Teich in den Isarauen vorbei. Von gegenüber strömt Flutlicht und der Lärm von aufgeregten Kindern und Jugendlichen, die gerade Fußballtraining haben. Schöner Lärm.

    Im Dezember hänge ich über unserer Wohnungstür das „Believe“-Schild von Ted Lasso auf. Alle, die die Wohnung verlassen, müssen einmal abklatschen. Ted Lasso ist wirklich die lustigste, warmherzigste, tollste Serie, die es gibt. Falls ihr irgendwie die Möglichkeit habt: Schaut sie euch an.

    Auch Ende 2021 wird weiter geimpft was der Booster hergibt. Ich bin immer noch ganz begeistert, wie schnell und unkompliziert ich mir in meiner Mittagspause im Café Kosmos die Auffrischung abholen kann.

    Wie schnell kann man impfen? Café Kosmos: 5 Minuten anstehen, 3 Minuten in der Kneipe sitzen (es läuft gute Musik), 2 Minuten Spritze, ab durch den Hinterausgang. Termine hier klicken: https://t.co/aGAjcCWZbi pic.twitter.com/XaReTixuYA— Heiko Bielinski (@heibie) December 10, 2021

    Und schließlich geht Ende des Jahres im eigentlich leeren Gasteig (siehe die ganzen Interims weiter oben) das Kinderimpfzentrum an den Start. 2022 wird das Jahr, in dem wir endlich auch die 5 bis 12-Jährigen schützen können. Wissenschaft beschde.

    Silvester verbringen wir am Meer. Einmal Kopf lüften.

    Das Allerbeste zum Schluss: Meine Tochter verleiht mir 2021 – indirekt über das Fach Englisch – ein offizielles Dad-Jokes-Zertifikat. Mehr geht eigentlich nicht. <3

    Hier sind meine Lieblingssongs 2021

    Und der schönste Song des ganzen Jahres ist der hier. Genau richtig für den Start 2022.

    Alle älteren Jahresrückblicke finden sich im Archiv.

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  5. Neues Jahr, neuer Mobilitätsrückblick. Im zweiten Pandemiejahr waren wir wieder mehr unterwegs.

    2021 haben wir wieder genau so viel Kilometer zurückgelegt, wie in den Jahren davor. Die Coronadelle 2020 war wohl einmalig.

    Wobei wir insgesamt immer noch weniger unterwegs – im Sinne von Anzahl der Fahrten – waren, aber im Sommer dann 3500 Kilometer für eine Fahrt nach Südschweden verbraucht haben. Diese Fahrt hat auch die jährlichen Kosten ein bisschen nach oben gedrückt.

    Ursprünglich hatten wir geplant mit dem Zug von München nach Kopenhagen zu fahren. Dort ein par Tage Aufenthalt und dann mit dem Mietwagen weiter nach Südschweden. Aufgrund von Corona und ständig wechselnden Risikogebieten haben wir dann kurzfristig beschlossen uns nicht länger in Dänemark aufzuhalten und einfach nur mit dem Auto ohne Stopp durchzufahren. Dafür musste zum ersten mal ein Mietwagen von Sixt her. Und der ist deutlich teurer, als ein STATTAuto oder die Bahn/Mietwagen-Lösung. Deutlich nerviger ist die Fahrt mit dem Auto sowieso.

    Städtetripp Kopenhagen ist aber nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Die Zugverbindung von München aus ist super. Man kann morgens in München einsteigen und ist mit einmal umsteigen in Hamburg kurz vor 18 Uhr in Kopenhagen.

    Nachdem wir die letzten Jahre eigentlich unsere Verkehrsmittelwahl kontinuierlich von der Straße auf die Schiene verlagert haben, haben die 3500 Kilometer Schweden diese Bilanz 2021 leider wieder etwas in die andere Richtung verschoben. Bin mir aber sicher, dass wir nach Normalisierung der Pandemielage wieder deutlich Richtung Zug bewegen werden. Der Komfort überwiegt einfach.

    Den ersten Schritt dahin haben wir dann Ende des Jahres schon gemacht. Wir verbringen knapp zwei Wochen auf Rügen und reisen mit dem Zug an. Deutlich günstiger und v.a. deutlich komfortabler. Von München aus kann man bis Ostseebad Binz mit dem ICE durchfahren. Das ist schon sehr gut. (Der ÖPNV auf Rügen dann mit Luft nach oben).

    Teil-Auto Schwäbisch Hall direkt am Hauptbahnhof Schwäbisch Hall-Hessental. Unser motorisiertes Einfalltor ins Hohenloher LandAußerdem haben wir an Weihnachten zum ersten mal erfolgreich ein Car-Sharing-Auto in meiner alten Heimat quergenutzt. Wenn das weiter so gut funktioniert dürften die langen Autofahrten von München nach Hohenlohe auch deutlich abnehmen. Die Mobilitätsweiche steht also eindeutlig auf Bahn.

    Seit 2014 berechne ich unsere durchschnittlichen Kilometerkosten nach Verkehrsmittel. Dabei liegt auch inklusive 2021 die Bahn weiterhin für unsere vierköpfige Familie klar vorne.

    (Wir haben zwei BahnCards25, die Kinder sind 12 und 14 Jahre und wir buchen längere Fahrten meistens zum Sparpreis ein bisschen im Voraus)

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