Dem deutschen Auto geht’s anscheinend schlecht. Für Armin Laschet von der CDU gehen „Fahrverbote an die Substanz unseres Landes“, Karl Heinz Bley (CDU) fürchtetMobilitätseinschränkungen für Diesel“ und die FDP diagnostiziert einen „Kreuzzug gegen den Verbrennungsmotor“.
Kurz noch bei Google News und am Zeitungskiosk geschaut. Übel!

Wie schlimm ist es wirklich? Stirbt das Auto bald aus? Wieviel Lasten kann der deutsche Autofahrer noch tragen? Ich hab mal vor die Haustür geschaut.
Glücklicherweise wohne ich direkt an einer von den rot/violetten Straßen auf dieser Karte.

Die Farben stehen für hohe Stickstoffdioxid-Werte. Die stark eingefärbten Wege sind die täglichen Hauptverkehrswege der Autos. Sowas wie Wildwechseltrampelpfade von Rehen im Wald. Ideal also, um zu schauen, wie es in freier Wildbahn wirklich um das deutsche Auto steht. Ob es überhaupt noch genug Platz, Lebensraum hat.
Los geht’s bei der ersten Kreuzung. Baustelle. Baustellen sind ok, die Stadt wächst, Infrastruktur muss erweitert werden. Aber müssen sich deswegen gleich die ganzen durchgeknallten Radl-Rambos von ihrem Hochsicherheitsradstreifen nach der Kreuzung mit auf die Autospur drängen. Rücksichtslos!

Sollen sie gefälligst den großzügig bemessenen Bürgersteig nebenan mitnutzen.

Das funktioniert ja hier auch super. Haben sie sogar noch ein Dach. Wenn’s mal regnet. Mehr Radlhauptstadt geht nicht.

Auch nervig: ewig lange Grünphasen für Fußgänger (nur 13 Sekunden!? Hallo?! Da beschleunigt das deutsche Auto locker von 0 auf 200!!!). Im Prinzip Freiheitsberaubung für Autofahrer. Das deutsche Auto setzt hier mit Recht und zur Sicherheit schon mal seine Duftmarke und stellt klar: Fußgängergrün ist nur eine grobe Empfehlung. Bei nichtsichtbarem Fußgängergrün besteht auch kein Rechtsanspruch mehr auf sichere Überquerung. Es darf blockiert werden. (vgl. dazu auch deutsches Autogrundgesetz §4, Abs. 3)

Hab ich die Parkplätze schon erwähnt? Es gibt keine mehr (oder sie sind unverschämt teuer!!! *wutbürgersmily*). So kann das deutsche Auto nicht leben. Es braucht Platz. Zum Parken. Den ganzen Tag. Das deutsche Auto liebt Parken. Eigentlich parkt es viel öfter und länger als das es fährt. Und wenn der Parkplatz nicht da ist, dann nimmt sich das deutsche Auto den Parkplatz selbst.
Z.B. bei der Ausfahrt vom Nachbarhof: Realitätsferne Schreibtischheinis haben mal in die StVO geschrieben, dass man direkt an Ausfahrten nicht parken soll. Irgendwas mit Sichtbehinderung. Lächerlich. Mit juristisch wasserdichtem Gewohnheitsrecht parkt hier eigentlich immer irgendein Auto.

Und wer Bürgersteige so breit baut, dass man locker ein Auto darauf abstellen kann, muss sich nicht wundern, wenn das dann auch passiert. Das ist quasi eine Einladung! Das deutsche Auto kann da gar nicht anders.

Es gibt aber Licht am Ende des Luise-Kiesselbach-Tunnels: Glücklicherweise legt die Stadt zunehmend neue Parkstreifen an (Stichwort: 2. Reihe). Radler halten die irrtümlicherweise für Radwege. LoL!

Insgesamt erschütternde Lage. Das deutsche Auto ist unter Beschuss!
Die korrupten, wildgewordenen Freaks und Diesel-Hasser von der Umwelthilfe, die Europäische Union und dann noch diese Jugendlichen. Es besteht Handlungsbedarf.
Wir brauchen intelligente Imagekampagnen, noch mehr SUVs für größere Parkplätze, gezielte, staatliche Förderprogramme, staatliche Unterstützung für die Autoindustrie und Politiker, die auch mal juristisch Fünfe gerade sein lassen.
Dann wird sich das deutsche Auto nicht unterkriegen lassen und sich seinen Platz in der Stadt immer wieder selbst nehmen. Der Platz der ihm seit Anbeginn der Zeit knapp 60 Jahren zusteht.

Brilliant visual illustration of how much #publicspace we have given to #cars pic.twitter.com/jAYWBuO4hn
— Complete Mobility (@Com_Mobility) 14. November 2014