Der Kunde ist König

Ein paar Beobachtungen aus dem B2C-Bereich.

Wir bestellen ein Probeabo bei Hello Fresh. Gefühlt jeder zweite Podcast, den ich höre, bietet Gutschein-Codes für ein günstiges Probepaket an. Jedenfalls gehe ich irgendwie davon aus, dass es ein Probepaket ist. Eine Woche nach dem ersten Paket stellt sich raus: Ich hab anscheinend ein reguläres Abo abgeschlossen. Ein neues Paket kommt. Diesmal zum regulären Preis.

Bin ein bisschen verärgert über mich selbst. Irgendwo nicht richtig aufgepasst beim Bestellklicken. Bis ich in den Abo-kündigen Prozess einsteige. Der ist dann auf einmal gar nicht mehr so One-Klick wie der initiale Bestellvorgang. Eine über mehrere Screens mit Dark-Pattern vollgestopfte Odyssee. Wer den Kündigungsprozess so manipulativ gestaltet, hat den Bestellprozess wahrscheinlich ähnlich optimiert und plötzlich ärgere ich mich gar nicht mehr so viel über mich, sondern mehr über den Anbieter. Nicht cool.

 

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Ich bin in den Besitz eines 500 € – Scheins gelangt. Versuche damit beim Friseur zu zahlen. Der Friseur ist mein einziger Dienstleister, der noch keine Debit-Karte akzeptiert. 500 € – Scheine aber auch nicht. Der 500 € – Schein wurde schon 2016 abgeschafft. War irgendwie an mir vorbeigegangen. Hab auch eher selten mit so viel Bargeld zu tun. Gültiges Zahlungsmittel ist er aber immer noch. Nur will ihn keiner mehr akzeptieren. Auch nicht mein Edeka. Ich soll ihn bei der Bank wechseln.

Also ab zur Sparkasse. Sollen sie mir am Schalter einfach ein paar kleinere Scheine geben. Haben sie aber nicht. Banken haben kein Bargeld mehr am Schalter. Die Lösung: Ich soll zum Wechselautomaten im Foyer gehen. Der hat noch Bargeld. Gibt er mir aber nur, wenn ich eine Sparkassen-Karte habe. Habe ich nicht. Hab nur eine Debit-Karte meiner Direktbank. Die Kinder haben EC-Karten von der Sparkasse.

Neuer Tag, neues Glück. Mit der Karte des Sohns in einer anderen Sparkassen – Filiale. Ich frage am Schalter noch mal nach. Der Berater erklärt mir das auch noch mal mit dem Wechselautomaten und der Karte. Allerdings meint er, das Geld würde dann auf das Konto einbezahlt und nicht direkt gewechselt. Ich erzähle ihm, dass der Kollege in der anderen Filiale was anderes erzählt hat und er erklärt mir, dass ich hier ja auch in der Filiale der Kreissparkasse sei und die EC-Karte vom Sohn aber eine Karte der Stadtsparkasse ist. Komplett andere Welt, komplett andere Wechselautomaten. Mein Fehler. Er meint aber ich hätte Glück. Die Filiale der Stadtsparkasse ist direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite und 5 Minuten und sehr viel Learnings später sind die 500 € auch schon gewechselt.

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Übernachtung im Meininger Hotel in Dresden. Bis der Zug nach München fährt, ist noch ein bisschen Zeit und wir wollen unser Gepäck im Hotel deponieren. Wir fragen an der Rezeption, ob wir unser Gepäck hier lassen können und rechnen damit, dass die Koffer einfach in den Raum hinter der Rezeption gestellt werden. Zu einfach gedacht.

Die Rezeptionistin zeigt mir einen QR-Code. Damit könne ich die App des Dienstleisters herunterladen, der bei ihnen für die Gepäckaufbewahrung zuständig sei. Das koste dann aber auch ein bisschen Geld. Ich frage sie, ob der Koffer denn dann auch bei dem Dienstleister deponiert werde, vielleicht in einem sehr sicheren Safe oder einem schön gestalteten Wellness-Bereich, damit es das Gepäck auch etwas netter hat beim Warten auf uns.

Sie erklärt mir, dasss sie den Koffer dann einfach in den Raum hinter der Rezeption stellt. Aber das kann sie nur machen, wenn ich die App des externen Dienstleisters herunterlade und dort buche.

Wir buchen nicht, gehen zum Bahnhof und wollen dort ein Schließfach nutzen. Geht nur mit Kleingeld. Wir haben nur Scheine. Ich hätte jetzt gerne eine App. Rüber zum Rossmann. Verkäufer wechselt den Schein, aber nicht ohne uns noch protestierend mitzuteilen, dass er eigentlich auch viel zu wenig Kleingeld in seiner Kasse hat.

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Es braucht neue Möbel für eines der Jugendzimmer. Wir entscheiden uns für eine Lösung von IKEA. Wir haben schon bei den letzten großen Möbelanschaffungen alles liefern und aufbauen lassen. IKEA bietet das an. Das war dann eine externe Spedition. Die Jungs, die geliefert haben, haben auch aufgebaut.

Zeiten ändern sich. Die Spedition liefert zwar noch, aber mittlerweile nur noch, wenn wir vor unserem Haus eine Halteverbotszone einrichten lassen. Ich möchte jetzt sofort eine Verkehrswende mit weniger privaten PKW und Lieferzonen, die konsequent freigeschleppt werden vor jedem verkackten Haus!

Und hinter dem vollmundig angepriesenen Montageservice verbirgt sich mittlerweile nur ein Link auf die externe Plattform Taskrabbit, bei dem man sich selbst um einen Aufbauer kümmern muss. Wenn beim Aufbau was schief geht, hat IKEA den Tipp, sich im Task-Rabbit-Chat mit dem beauftragten Tasker auseinanderzusetzen. Ich verstehen, dass IKEA keine Lust auf kleinteilige Reklamationen mit Dienstleistern hat. Haben wir auch nicht und bauen deshalb selbst auf.

6 Gedanken zu „Der Kunde ist König“

  1. Das in keinem Viertel mit eigenen Lieferzonen (über deren zeitliche Nutzung durch Einzelnde auch zu reden wäre, etwas weitergeht, ist auch so ein Punkt in der schwerfälligen Verkehrspolitik. Es muss nicht sein, dass Paket-Lieferdienste aus nachvollziehbaren an den für mobilitätseingeschränkte Menschen abgeflachten Kreuzungen kurzzeitparken, nur weil es keine Lieferzonen gibt.

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  2. @heibie Der Trick mit Kreissparkasse auf der eine Seite des Sendlinger-Tor-Platz und der Stadtsparkasse auf der anderen Seite war zu meinem München-Start die einzige Möglichkeit mit der EC-Karte der Berliner Sparkasse mehr als 500 Euro an einem Tag abzuheben ohne absurde Gebühren zahlen zu müssen.

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