Ich kann am Nachmittag an einer Führung durch die Baustelle 2. Stammstrecke am Marienhof teilnehmen. Dort wird gerade an der S-Bahnhaltestelle für die zweite Tunnelröhre gebaut. Unsere Gruppe bekommt einen Blick hinter den Bauzaun und unter die Erde.
Ein erfahrener Tiefbauingenieur erzählt uns ausführlich, was da gerade abgeht und was schon alles abging. Es ist alles sehr beeindruckend. Für mich ist das Ingenieurs-Hexenwerk. Das ganze Projekt sucht deutschlandweit seinesgleichen. Momentan ist man knapp 40 Meter tief, es soll aber noch mal weiter runtergehen und das hat man noch nicht so oft gemacht in so einer Innenstadtlage. Neuland ab jetzt.
Am faszinierendsten, und ich gebe das jetzt wahrscheinlich sehr laienhaft und mit dem Abstand von zwei Wochen wieder, ist: Durch die Baustelle sinkt der Grundwasserspiegel. Das Wasser muss abgepumpt werden und wird über ein komplexes Rohrsystem durch die Innenstadt abgeleitet. Durch das Sinken des Grundwasserspiegels sinken die umliegenden Gebäude ab. Und zwar flächendeckend in der halben Altstadt bis zum Bahnhof.
So lange alle Häuser parallel absinken (um bis zu zwei Zentimeter!), ist alles ok. Nur ungleichmäßig darf es nicht passieren. Dann gibt es Schieflagen. Damit das nicht geschieht, sind überall Sensoren an den Häusern angebracht und es wird dauerüberwacht. Sollte was ins Ungleichgewicht geraten, haben die Teufelskerle von Ingenieuren vorgesorgt und können über seitliche Bohrlöcher, die bis unter die umliegenden Häuser reichen, gezielt Wasser reinpumpen und die Schieflage wieder ausgleichen.
Die Führung ist wirklich sehr empfehlenswert. Schon alleine, weil man gelbe Gummistiefel, einen Bauarbeiterhelm, eine Signalweste anziehen und ein Notfallfunkgerät umhängen darf. Es gibt noch ein paar freie Termine in den nächsten Wochen.
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