in Tagebuch

12.1.2021 – Unterricht auf Distanz

Es ist „schärferer“ Lockdown und das bedeutet: Alle vier Familienmitglieder sitzen die meiste Zeit zu Hause vor Bildschirmen.

Im Frühjahr 2020 war der Distanzunterricht an unserer Schule nicht der Rede wert. Es gab ab und zu Aufgaben per E-Mail, Elternportal oder die Lernplattform mebis. Meistens zum Ausdrucken, bearbeiten, scannen und wieder hochladen. Rückmeldung war eher selten, Videokonferenzen ebenfalls. Keine erkennbare Struktur, jeder hat sich halt irgendwie durchgewurschtelt, in manchen Fächern brach die Verbindung Lehrer*in – Schüler*in fast komplett ab. Ein verlorenes Schulhalbjahr.

Nach den Sommerferien waren beide Kinder dann durchgehend im Präsenzunterricht. Fast schon Normalität. Bis auf die Masken, das Abstandhalten und das Lüften. Die Zahlen gingen hoch und jetzt geht es halt nicht mehr anders. Das war vorhersehbar.

Nach den Erfahrungen aus dem ersten Lockdown graute mir ein bisschen vor den nächsten Schulschließungen. Und es ist auch wirklich alles noch an vielen Stellen sehr schlimm. Das bayrische Kultusministerium hat noch immer keine stabile Lernplattform hingestellt. Es gibt, im Jahr 2021, Timeslots, wann die einzelnen Schulen mebis nutzen sollen. Also quasi digitales Nummernziehen für die Nutzung einer Webseite. Außerdem meldet unsere Schule, dass das mit dem digitalen Unterricht nur möglich ist, weil alle Lehrer*innen ihre privaten Endgeräte nutzen würden. Die Lehrer*innen an unsere Schule haben keine Dienstgeräte.

Wer hat seine Hausaufgaben nicht gemacht? Der Kultusminister.

Wer hat sich was überlegt: unsere Schule.

Es gibt endlich klarere Strukturen, genau definierte Verantwortlich- und Regelmäßigkeiten. Und Videocalls! Es gibt endlich Videocalls! Die gab es an unserem Gymnasium im Frühjahr nämlich gar nicht. Zuerst ging es technisch nicht, dann war es der Datenschutz. Jetzt geht es. Und es funktioniert. Natürlich nicht über mebis. Aber MS Teams bietet wirklich gute Kommunikationsmöglichkeiten und erlaubt den Kindern das kooperative Arbeiten mit Ihren Freund*innen. Und zwar nicht nur zum Lernen, sondern einfach auch zum Kontakthalten, als virtueller Pausenhof. Und denen macht das sogar Spaß. Weil das genau die Kommunikationsform ist, die sie auch schon von Discourse, Teamspeak, Mumble oder Skype mit Ihren Freund*innen gewohnt sind.

Ich freu mich ein bisschen, dass was vorangegangen ist. Wobei das natürlich Freude über das ist, was ich aus meiner Arbeitswelt schon seit über zehn Jahren kenne. Die Schule ist jetzt, 2021, auch bei Gruppenchats, Videokonferenzen und gemeinsamer Dateiablage angekommen. Dank des Engagements jedes einzelnen Lehrers, jeder einzelnen Lehrerin und der Schulleitungen. Gegen alle politischen Widrigkeiten.

Ob das didaktisch alles sinnvoll ist, mag ich gar nicht einzuschätzen. Wie das mit den ganzen Noten, Leistungsnachweisen werden soll – keine Ahnung. Wieviel Kinder trotzdem auf der Strecke bleiben und wie man ihnen hilft? Ich hoffe, es werden gute Lösungen gefunden. Bildungspolitisch ist da jedenfalls noch sehr viel Luft nach oben.

Die letzten zwei Tage hatten die Kinder jedenfalls einen gut strukturierten Schulvormittag, haben mit Freund*innen remote gelernt, Aufgaben erledigt und ihrem Mathe-Lehrer zugeschaut, wie er mit zwei Bleistiften im Call parallele Linien erklärt. Es läuft deutlich besser als vor einem Jahr. Ich werde das mal weiter beobachten.

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  • 💬 von Heiko Bielinski

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