in Mobilität

Popup-Radwege in München

Andere Städte haben es vorgemacht und München hat jetzt seit ein paar Wochen auch Popup-Radwege. Das sind relativ spontan eingerichtete Fahrspuren für RadfahrerInnen, abgezwackt von bestehenden Autospuren. Die Radwege sind fast durchgehend mit dicken, gelben Markierungen als Radwege gekennzeichnet. Auf manchen Spuren ist zusätzlich noch ÖPNV-Busverkehr erlaubt. Popup-Radwege sind normalerweise nur temporäre Einrichtungen um einen akuten Notstand zu beheben, aktuell also v.a. um mehr Platz für Corona-Abstand zu gewährleisten und eine attraktive Alternative zum manchmal dicht gedrängten ÖPNV zu bieten. In München sollen die fünf neuen Popup-Radwege bis mindestens Oktober bleiben.

Ich bin die neuen Strecken mal abgefahren. Die Radspuren sind auf den Bildern meistens ziemlich leer. Das liegt u.a. daran, dass ich zwischen 10:00 und 12:00 unterwegs war. Im morgendlichen Berufsverkehr sind da meistens auch mehr RadlerInnen unterwegs.

Direkt zum Marienplatz

Die erste Erfolgsmeldung vorweg: 2015 hab ich mal versucht einigermaßen sicher und direkt mit dem Fahrrad von mir aus zum Marienplatz zu radeln. Das war damals an mehreren Stellen unmöglich. Dank der neuen Popup-Radwege entlang der Rosenheimer Straße und der Zweibrückenstraße kann ich jetzt, zumindest theoretisch, komplett durchfahren bis zum Rathaus. Praktisch stört gerade noch eine große Baustelle an der Brücke beim Deutschen Museum den Verkehrsfluss. Mit den beiden zusätzlichen Radwegen sind jetzt, soweit ich das beurteilen kann, die letzten Lücken geschlossen und man kann wirklich von sehr weit draußen geradeaus rein in die Stadt mit dem Rad fahren.

Das Einfädeln auf den neuen Radweg auf der Rosenheimer Straße funktioniert gut.
Das Einfädeln auf den neuen Radweg auf der Rosenheimer Straße funktioniert gut.

Auf der neuen Radspur ist man jedenfalls deutlich schneller und effizienter unterwegs als der Autoverkehr nebenan. Dazu hab ich ein kurzes Video gemacht.

https://www.instagram.com/p/CCninmoKfgZ/

Am Beginn der Zweibrückenstraße sieht man noch gut den, jetzt abgesperrten, alten, sehr engen Radweg bei dem man eigentlich immer in Konflikt mit den Fußgängern geraten ist. Die neue Spur (links neben dem LKW) bietet deutlich mehr Luft.

Raus nach Neuhausen und Nymphenburg

Auf der Elisenstraße entlang des alten botanischen Gartens ist jetzt auch ein bisher radwegloses Zwischenstück geschlossen und ermöglicht das durchradeln bis Neuhausen und Nymphenburg.

Auf dem Rückweg fährt man dort geradeaus auf die zwei Türme der Frauenkirche zu und kann die auch relativ problemlos ansteuern.

Maxvorstadt

Auf dem neuen Radweg Theresienstraße kann man jetzt durchgehend ab den Pinakotheken stadtauswärts bis raus zur Dachauer Straße radeln.

Ein bisschen ratlos hat mich der Popup-Radweg stadteinwärts auf der Gabelsberger Straße zurückgelassen. Er endet abrupt an der Abfahrt zum Altstadtring. Es steht zwar ein „Radfahrer kreuzen“ Schild da, aber ich bezweifle mal, dass das jeder richtig wahrnimmt (ich musste erst mal googeln, was das Schild bedeutet. Dachte zuerst „Radfahrer verboten“). Autos drücken sich da jedenfalls wieder rechts rüber und mir ist nicht ganz klar, wie die weitere Radverkehrsführung sein soll.

Fazit

Die Popup-Radwege schließen, soweit ich das beurteilen kann, überall Teilstücke, die bisher als RadfahrerIn nur bedingt komfortabel zu fahren waren. Das ist sinnvoll. Ich hab mich vor allem auf meiner „Hausstrecke“ auf der Rosenheimer Straße deutlich sicherer gefühlt als früher. Da hat mich auch schon mal ein Autofahrer beschimpft oder viel zu knapp überholt. Durch die Lückenschließung gibt es jetzt aus drei verschiedenen Richtungen recht gute Zufahrtsmöglichkeiten bis rein in die Innenstadt.

Die Popup-Radwege sind in Kombination mit den anderen Verkehrsmaßnahmen, die in den letzten Wochen in München schon umgesetzt oder angekündigt wurden (Sommerstraßen, mehr Freischankflächen und die neuen Radwege im Zuge des Radentscheids) eine gute Idee, die mehr Platz zum Abstandhalten in Pandemiezeiten schaffen und die Stadt insgesamt lebenswerter machen. Sie geben ein Gefühl dafür was möglich ist und wie sich mehr und gerechter verteilter Stadtraum anfühlen kann. Vielleicht stehen wir in München ja tatsächlich am Beginn einer größeren Flächenumverteilung.

Alles gut also? Naja. Die Spuren führen überall entlang parkender Autos. Türgefahr besteht fast überall, aber immerhin hat man mehr Raum um auszuweichen. Ich hab auf meiner Runde natürlich auch mehrere Radwegparker getroffen, zwei mal wurden die Popupradwege sogar als Überholspur von Autos genutzt. (Fotografiert hab ich das alles nicht. Leere, breite Radwege machen mich grad fröhlicher. Wer zugeparkte Rad- und Fußwege sehen will klickt auf diesen schlechtgelaunten Blogpost).

Ich glaube viele AutofahrerInnen müssen sich erst an die neuen Spuren gewöhnen. Gelbe Fahrbahnmarkierungen werden vielleicht manchmal als temporäre Baustellenumleitungen fehlinterpretiert. Im Gegenzug müssen RadfahrerInnen erst lernen, dass sie jetzt auch Strecken nutzen können auf denen es früher zu gefährlich war. Und gerade die Strecke Rosenheimer Straße/Zweibrückenstraße wird ihre volle Kraft erst entfalten können, wenn die verengende Baustelle am Deutschen Museum fertig ist.

Eigentlich alles gute Gründe um den Wegen mehr Zeit als bis Oktober zu geben.

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Kommentar

  1. Wenn Du im Blog jetzt noch von Fahrstreifen und nicht von Spuren – Spuren machen nämlich Tiere im Schnee – sprichst, klappt das auch im ÖD! 😛


  2. Ich bin neulich am Ende der Rosenheimer am Gasteig geradelt. Der Pop Up Radweg ist da zwar nur 50 Meter ca lang, aber dringend nötig. Der Radweg ist mit Münchner Gehwegplatten ausgelegt, viel zu eng, auf dem Bürgersteig und einfach nur ein Witz. So war’s deutlich besser