in Digital, Familie

Lasst sie spielen

Manfred Spitzer möchte Bildschirmverbot bis zum 19. Lebensjahr, ich hab meinen sechsjährigen Sohn mal eine Weile beim Computer iPad-Spielen beobachtet.

Zum Thema Kinder und Medien habe ich anlässlich der #rp13 schon mal auf Nido.de eine längeren Text verfasst. Ergänzend dazu nun ein paar Beobachtungen aus der Praxis meines persönlichen Umfeldes:

Viele Eltern, die ich kenne lassen ihre Kinder durchaus mit Smartphone oder Tablet spielen. Entweder geht es dabei dann aber darum, die Kinder in Notfällen zu beschäftigen, einhergehend mit einem latent schlechten Gewissen, oder aber das Kind soll zumindest was Vernünftiges machen, also was mit Lernen, Vorschule oder ersten Leseerfolgen.

Warum aber nicht einfach was Spielen? Hat ja im Analogen auch niemand was dagegen.

Tiny Thief Startscreen

Ich hab meinem sechsjährigen Sohn über die Schulter geschaut, wie er Tiny Thief auf dem iPad gespielt hat. Das ist ein nettes, kleines Adventure-Puzzle-Spiel, bei dem es in jedem Level (der sich jeweils auf einen Screen beschränkt) darum geht ein paar Gegenstände zu stehlen ohne erwischt zu werden. Dabei muss man in klassischer Adventure-Manier, bei stetig steigendem Schwierigkeitsgrad, verschiedene Gegenstände sammeln und miteinander benutzen um zum Ziel zu gelangen.

Das hat der Bub dabei gelernt:

  • Umgang mit einem Tablet
    Klingt simpel, ist aber so. Mit jeder App, die er benutzt wird ihm das Bedienkonzept eines Tablets vertrauter.
  • Bedeutung von Icons und Bildsymbolen
    Lesen kann er noch nicht, deshalb muss er versuchen Symbole, wie den “Play” oder “Sound”-Button richtig zu deuten und einzusetzen.
  • Logisches und verknüpftes Denken
    Wenn er im Spiel Schalter A drückt, passiert an Stelle B was und er kann Gegenstand C nehmen. Ursache und Wirkung.
  • Werbung erkennen
    Die App nervt leider ab und zu mit Werbebannern. Die muss man identifizieren, wegklicken oder ignorieren. Kann er jetzt und hilft beim grundsätzlichen Verständnis, was Werbung in einer ökonomisch orientierten Gesellschaft ist und v.a. bewirken will.
  • Warten
    Es gibt im Spiel eine Lösungshilfe, die man aber nur begrenzt nutzen kann. Danach muss man dafür bezahlen oder 24 Stunden warten. Er wartet dann, weil …
  • … Vorsicht vor InApp-Käufen und Abofallen!
    Er entwickelt ein Bewusstsein dafür, dass es ein Geschäftsmodell sein kann, für zusätzliche Leistungen Geld zu verlangen und dass man darauf aber nicht unbedingt hereinfallen muss.
  • Frust und Misserfolg aushalten
    Der Schwierigkeitsgrad im Spiel nimmt mit jedem Level zu. D.h. es klappt nicht alles gleich beim ersten mal. Damit muss man umgehen lernen.
  • Teamwork
    Manche Rätsel hat er zusammen mit seiner Schwester gelöst.
  • Trial and Error – Prinzip
    Viele Lösungen sind auf den ersten Blick nicht unbedingt naheliegend und man muss viel und oft Ausprobieren und Sachen wiederholen, bis was klappt.
  • Kreativität
    Das ganze Spiel ist sehr schön gestaltet und jedes Level erzählt auch eine kleine Geschichte. Die Lösung vieler Rätsel erfordert durchaus kreative Gedankengänge, die auf den ersten Blick nicht unbedingt naheliegend sind.
  • Anleitungen verstehen
    Die Lösungshilfe arbeitet komplett textfrei und kommt nur mit Bildsprache aus. Ein besseres Training für IKEA-Montageanleitungen gibt es nicht.
  • Eigene Grenzen erkennen
    Ich lasse ihn immer wieder auch ohne explizite Zeitvorgabe spielen. Meistens erkennt er dann anhand seines eigenen Erschöpfungs- bzw. Frustgrades selbst, wann eine Pause angebracht ist.
  • Klauen
    Es lohnt sich, dem König ein paar Golddukaten zu entwenden.

Alle zukunftsbesorgten Eltern mit frühkindlichem Arbeitsmarktkonkurrenzdruckgefühl können also entspannt durchatmen. Viele der oben angeführten Fähigkeiten lassen das Herz jedes Personalers höher schlagen.

Allen anderen sei zur Beruhigung gesagt: Der Sohn hat v.a. eines beim Spielen: Spaß!

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Kommentar

  1. So geht’s richtig! Du bist bei ihm und kennst das Spiel, dass Du wahrscheinlich auch selbst nicht schlecht findest. Das reicht schon aus für weniger schlechtes Gewissen und Dein Sohn kommt so auch bald ins nächste Level. Schließlich soll er in sechs Jahren Half-Life 3 zocken!

  2. Ich habe diesen Blogpost per Twitter entdeckt, und kann Dir in vielfacher Hinsicht nicht zustimmen.

    „Umgang mit einem Tablet
    Klingt simpel, ist aber so. Mit jeder App, die er benutzt wird ihm das Bedienkonzept eines Tablets vertrauter.“

    Was ist der Vorteil für einen Sechsjährigen, wenn er kein Tablet hat? Dieses Wissen ist für mich so „wertvoll“ wie ein Wörter für Zahlen und Farben, die Kinder im Kindergarten oder in der Grundschule lernen. Schadet nicht, aber was soll das? Mehr zu wissen ist besser als wenig zu wissen, aber inhaltlich ist das irrelevantes Wissen.

    „Bedeutung von Icons und Bildsymbolen
    Lesen kann er noch nicht, deshalb muss er versuchen Symbole, wie den “Play” oder “Sound”-Button richtig zu deuten und einzusetzen.“

    Auch das ist so wertvoll wie der Punkt zuvor. Außerdem sind diese Icons oft nicht so logisch, dass ein Transfer möglich ist. Diese Icons lernt man, und das kann auch noch später geschehen.

    „Logisches und verknüpftes Denken
    Wenn er im Spiel Schalter A drückt, passiert an Stelle B was und er kann Gegenstand C nehmen. Ursache und Wirkung.“

    Ursache und Wirkung sind in Spielen oft reichlich komplex miteinander verbunden, logisch ist das nicht immer. Oder es ist so kompliziert verknüpft, dass der Zusammenhang nicht zu erkennen ist. Manche Spiele sind manchmal schon durch wildes Herumdrücken auf den Tasten zu bedienen, zumindest führt dies zuweilen zum Erfolg. Wo da dann Ursache und Wirkung gewesen sein sind ist gar nicht zu erkennen.

    „Werbung erkennen
    Die App nervt leider ab und zu mit Werbebannern. Die muss man identifizieren, wegklicken oder ignorieren. Kann er jetzt und hilft beim grundsätzlichen Verständnis, was Werbung in einer ökonomisch orientierten Gesellschaft ist und v.a. bewirken will.“

    Du meinst, ein Sechsjähriger ist in der Lage, wirklich Werbung zu erkennen und darauf richtig zu reagieren? Er erkennt vielleicht, welche Fenster zum Spiel gehören und welche nicht, aber mit Verständnis für Werbung hat das nichts zu tun. Bei geschickterer Werbung oder dem nächsten Spiel steht er hilflos da. Und von wegen „ökonomisch orientierte Gesellschaft“: Hast Du ihm das so auch so erklärt? Mein Sohn (7 J.) hat genug damit zu tun zu verstehen, was Geld verdienen und Geld bezahlen wirklich bedeutet. Bis er „gewinnorientiert“ versteht, dauert noch was.

    „Warten
    Es gibt im Spiel eine Lösungshilfe, die man aber nur begrenzt nutzen kann. Danach muss man dafür bezahlen oder 24 Stunden warten. Er wartet dann, weil …“

    Ein Sechsjähriger, der 24 Stunden warten kann? Glückwunsch, wenn Du so ein stoisches Exemplar hast. Nach meiner Erfahrung ist das eine totale Überforderung für Kinder, wenn sie sich vorher für etwas begeistert haben.

    „… Vorsicht vor InApp-Käufen und Abofallen!
    Er entwickelt ein Bewusstsein dafür, dass es ein Geschäftsmodell sein kann, für zusätzliche Leistungen Geld zu verlangen und dass man darauf aber nicht unbedingt hereinfallen muss.“

    Du meinst, ein Sechsjähriger kann Abofallen erkennen?

    „Frust und Misserfolg aushalten
    Der Schwierigkeitsgrad im Spiel nimmt mit jedem Level zu. D.h. es klappt nicht alles gleich beim ersten mal. Damit muss man umgehen lernen.“

    Das klappt nur, wenn er das vorher schon gelernt hat. Hast Du schon mal mit Kindern „Mensch, ärger Dich nicht“ gespielt? Frust und Ärger auszuhalten lernt man im Zusammenspiel mit anderen Menschen, galube ich, oder das Kind ist zufälligerweise ein ausgeglichener Charakter. Das gibt es, Menschen kommen mit unterschiedlichen Eigenschaften auf die Welt, aber wenn sie das nicht mitbringen, lernen sie es bestimmt nicht, wenn sie alleine an einem Gerät spielen.

    „Teamwork
    Manche Rätsel hat er zusammen mit seiner Schwester gelöst.“

    Wo ist hier der Unterschied zu anderem Spielen?

    „Trial and Error – Prinzip
    Viele Lösungen sind auf den ersten Blick nicht unbedingt naheliegend und man muss viel und oft Ausprobieren und Sachen wiederholen, bis was klappt.“

    Umgekehrt: Viele Lösungen sind reichlich komplex und zu schwierig, wenn es kein altersangemessenes Spiel ist oder ein sehr schlaues Kind am Tablet sitzt. Wenn das Kind geduldig und systematisch verschiedene Lösungen ausprobiert, dann hat es entweder eine Anlage dazu, oder es hat es an anderer Stelle schon gelernt.Alleine mit einem Tablet glaube ich nicht daran.

    „Kreativität
    Das ganze Spiel ist sehr schön gestaltet und jedes Level erzählt auch eine kleine Geschichte. Die Lösung vieler Rätsel erfordert durchaus kreative Gedankengänge, die auf den ersten Blick nicht unbedingt naheliegend sind.“

    Das gilt auch für anderes Spielen.

    „Anleitungen verstehen
    Die Lösungshilfe arbeitet komplett textfrei und kommt nur mit Bildsprache aus. Ein besseres Training für IKEA-Montageanleitungen gibt es nicht.“

    Das ist ja ein netter Gag, aber ist das wichtiges Wissen für ein sechsjähriges Kind?

    „Eigene Grenzen erkennen
    Ich lasse ihn immer wieder auch ohne explizite Zeitvorgabe spielen. Meistens erkennt er dann anhand seines eigenen Erschöpfungs- bzw. Frustgrades selbst, wann eine Pause angebracht ist.“

    Das ist schön, wenn das so ist. Ich kann mich nur wiederholen: Veranlagung oder woanders gelernt. Ich weiß von verschiedenen Kindern, wo das nicht gelingt. Eine Nachbarin erzählte von ihren Kindern, die nachher regelrecht gestresst waren und zwischendurch heftig stritten. Nachher haben sie das auch erkannt, die Playstation wurde von der Mutter weggeräumt. Aber der Wunsch, so etwas auszuprobieren, ist trotzdem vorhanden.

    „Klauen
    Es lohnt sich, dem König ein paar Golddukaten zu entwenden.“

    Das ist doch eine Notwendigkeit in dem Spiel, oder? Wenn Dein Kind demnächst heimlich ein Spiel spielt, bei dem man andere Kinderverprügeln muss, lernt es dann auch etwas oder nicht? Die sehr wichtige Einschätzung, wann man sich an Regeln zu halten hat und wann nicht, würde ich mein Kind nicht bei einem simplen Spiel mit einer konstruierten „Realität“ lernen lassen, die mit dem echten Leben vom Inhalt und von der Komplexität nichts zu tun hat.

    Mein älterer Sohn durfte auch schon recht früh am PC spielen, ich habe da keine Probleme Erlebt und es ist eine bequeme Art der Beschäftigung für die Eltern. Aber meinem Sohn mit 9 Jahren zu erlauben, sich vom Kommuniongeld einen iPod touch zu kaufen, würde ich als meine schlechteste erzieherische Entscheidung bisher bezeichnen. Es gab immer nur Streit um das Ende der erlaubten Zeit, um die Inhalte, die er dort anschauen wollte, es gab Streit bei wenig Zeit genauso wie bei viel Zeit. Es kommt sehr auf das Kind an. Mein Sohn hat nicht viele Freunde gehabt, mit denen er sich treffen konnte, und wenn ich ihm andere Anregungen anbieten konnte, dann war das auch oft interessanter als das Gerät, oft aber auch nicht. Im Urlaub hat er das Gerät verloren, und seitdem hat sich die Sache sehr entspannt.

    Von einem anderen internet-kompetentem Vater aus der Medienbranche las dass für seine Kinder Computer und Tablets auch nur ein Spielzeug unter vielen sind. Er sah aber nicht, dass seine Kinder auch sehr viel interessante andere Spielzeuge hatten, viele Freunde und die Möglichkeit, sich leicht mit denen zu treffen. Das ist hier weniger gegeben. Das muss beispielsweise berücksichtigt werden, wenn die Faszination dieser Geräte eingeschätzt werden soll.

    Uns Menschen wird immer klarer, wie sehr wir ein Körper sind, und dass unser Körper untrennbar mit unserem Geist verbunden ist. Die Entwicklung des Körpers und des Geistes ist bei Kindern eng miteinander verbunden, und ich halte die Benutzung von Tablets und PCs für eine sehr „unkörperliche“ Tätigkeit. Im Kindesalter sind körperliche Erfahrungen (nach emotionaler Sicherheit und sozialem Erleben natürlich)für die Entwicklung zu wichtig, als dass sie zugunsten einer Vorbereitung auf eine digitale Zukunft verringert werden sollten. Das bedeutet nicht, dass elektronische Spielgeräte oder Medien vollkommen des Teufels sind, aber den Umgang damit kann man später immer noch lernen. Eine körperliche Entwicklung nachzuholen gelingt später aber nicht mehr.

    • Lieber Dieter,
      danke dir für deinen ausführlichen Kommentar. Ich werde versuchen im Folgenden auf alle Punkte einzugehen. Vorweg aber ein paar grundsätzliche Sachen:

      Mein Sohn spielt Lego, spielt Fussball, spielt mit Freunden, klopft sich mit Freunden, spielt irgendwas, erfindet Geschichten, Klettert, streitet sich mit seiner Schwester, schaut Filme, liest schaut Bücher und Comics an und spielt manchmal auch Spiele auf dem iPad/Mac oder seit neuestem auch auf der PS3.

      Es liegt mir fern, all diese Beschäftigungen irgendwie gegeneinander auszuspielen. Es kommt auf die Mischung an.

      Ich mache aber des öfteren die Feststellung, dass Eltern keine Probleme mit den meisten dieser Beschäftigungen haben, lediglich beim Thema Computerspiele kommen Befürchtungen, Ängste und Restriktionen ins Spiel. Das ist dann meistens nur o.k., wenn man daraus noch irgendeinen Nutzen ziehen, sprich irgendwas Lernen kann. Kinder lernen aber nicht nur, wenn sie ein sogenanntes Lernspiel von Ravensburger klicken, sondern sie lernen einfach immer. Bei allem, was sie machen. Das wollte ich zeigen. Und am allerwichtigsten: sie sollen Spaß dabei haben.

      Außerdem finde ich es wichtig, und das schreibe ich zwar nicht explizit, man kann es aber zwischen den Zeilen rauslesen, dass man die Kinder dabei begleitet. Das klingt, wie eine Binse, ist aber nach meiner Erfahrung nicht unbedingt normal. Oft werden Kinder auch nur vor dem Gerät abgestellt. Eltern haben keine Zeit, einfach kein Interesse an Computerspielen oder haben schlichtweg Angst vor der, für sie neuen Technik. Also: Dabei sein, Fragen beantworten beobachten und, falls nötig, eingreifen. Zumindest am Anfang, wenn ein Spiel neu ist.

      Mit diesen Grundsätzen beantworten sich einige deiner Punkte schon, ich leg jetzt aber trotzdem mal los:

      Was ist der Vorteil für einen Sechsjährigen, wenn er kein Tablet hat? Dieses Wissen ist für mich so “wertvoll” wie ein Wörter für Zahlen und Farben, die Kinder im Kindergarten oder in der Grundschule lernen. Schadet nicht, aber was soll das? Mehr zu wissen ist besser als wenig zu wissen, aber inhaltlich ist das irrelevantes Wissen.

      Ich bin mir sicher, es gibt kein irrelevantes/unnützes Wissen. Irgendwann wird er lernen müssen, mit Touchgeräten umzugehen.

      “Bedeutung von Icons und Bildsymbolen

      Auch das ist so wertvoll wie der Punkt zuvor. Außerdem sind diese Icons oft nicht so logisch, dass ein Transfer möglich ist. Diese Icons lernt man, und das kann auch noch später geschehen.

      kann später geschehen, ich seh aber auch keinen Schaden darin, wenn es jetzt passiert.

      Ursache und Wirkung sind in Spielen oft reichlich komplex miteinander verbunden, logisch ist das nicht immer. Oder es ist so kompliziert verknüpft, dass der Zusammenhang nicht zu erkennen ist. Manche Spiele sind manchmal schon durch wildes Herumdrücken auf den Tasten zu bedienen, zumindest führt dies zuweilen zum Erfolg. Wo da dann Ursache und Wirkung gewesen sein sind ist gar nicht zu erkennen.

      Klar. So spiele gibt’s. Und ich hab früher manches Sierra-Adventure auch nur mit Trial and Error gelöst. Spass hat’s mir trotzdem gemacht, wenn eine Lösung funktioniert hat.

      Du meinst, ein Sechsjähriger ist in der Lage, wirklich Werbung zu erkennen und darauf richtig zu reagieren? Er erkennt vielleicht, welche Fenster zum Spiel gehören und welche nicht, aber mit Verständnis für Werbung hat das nichts zu tun. Bei geschickterer Werbung oder dem nächsten Spiel steht er hilflos da. Und von wegen “ökonomisch orientierte Gesellschaft”: Hast Du ihm das so auch so erklärt? Mein Sohn (7 >J.) hat genug damit zu tun zu verstehen, was Geld verdienen und Geld bezahlen wirklich bedeutet. Bis er “gewinnorientiert” versteht, dauert noch was.

      Klar kann ich ihm erklären, was Werbung ist. In kindgerechter Sprache natürlich (“gewinnorientiert” benutze ich da nicht). Er kann auch Werbeplakate in der Stadt erkennen und weiss, dass die “wollen, dass wir die Sachen kaufen”. Das ist so auch auf Spiele übertragbar und wird immer besser funktionieren, je besser er Lesen kann. Das man mit einem “X” die Werbung schließt funktioniert jetzt schon oft.

      Ein Sechsjähriger, der 24 Stunden warten kann? Glückwunsch, wenn Du so ein stoisches Exemplar hast. Nach meiner Erfahrung ist das eine totale Überforderung für Kinder, wenn sie sich vorher für etwas begeistert haben.

      Klar geht das nicht immer reibungslos. Aber es geht ja darum, dass langsam zu lernen.

      Du meinst, ein Sechsjähriger kann Abofallen erkennen?

      Er versteht zumindest, dass er, wenn er auf den “Kaufen”-Knopf drückt, Geld bezahlen muss. Dieses Grundverständnis wird ihm im Laufe der Zeit auch helfen, komplexere Kauffallen zu erkennen und zu verstehen.

      Frust und Misserfolg aushalten

      Das klappt nur, wenn er das vorher schon gelernt hat. Hast Du schon mal mit Kindern “Mensch, ärger Dich nicht” gespielt? Frust und Ärger auszuhalten lernt man im Zusammenspiel mit anderen Menschen, galube ich, oder das Kind ist zufälligerweise ein ausgeglichener Charakter.

      Klar hab ich schon Mensch-Ärgere-dich-nicht mit ihm gespielt. Und er ist beim ersten mal Verlieren weinend aus dem Raum gerannt. Es geht ja nicht darum alleinig mit Computerspielen Frusttoleranz zu lernen. Aber es trägt eben dazu bei.

      Teamwork

      Wo ist hier der Unterschied zu anderem Spielen?

      Gibt es nicht. Wollte ich aber auch nie behaupten. S.o.

      Anleitungen verstehen

      Das ist ja ein netter Gag, aber ist das wichtiges Wissen für ein sechsjähriges Kind?

      Primär war es als netter Gag gedacht. Sekundär gibt es kein unnützes Wissen.

      Das ist schön, wenn das so ist. Ich kann mich nur wiederholen: Veranlagung oder woanders gelernt. Ich weiß von verschiedenen Kindern, wo das nicht gelingt. Eine Nachbarin erzählte von ihren Kindern, die nachher regelrecht gestresst waren und zwischendurch heftig stritten. Nachher haben sie das auch erkannt, die Playstation wurde von der Mutter weggeräumt. Aber der Wunsch, so etwas auszuprobieren, ist trotzdem vorhanden.

      Deshalb ist es auch wichtig am Anfang begleitend dabei zu sein. Um ihn auch mal darauf hinzuweisen, dass es jetzt vielleicht doch genug ist, weil es ihn zu arg anstrengt. Funktioniert manchmal, manchmal nicht. Aber wenn er mit 6 schon anfängt sowas zu lernen, kann er mit 9-10 wahrscheinlich schon besser damit umgehen.

      Klauen

      Das ist doch eine Notwendigkeit in dem Spiel, oder? Wenn Dein Kind demnächst heimlich ein Spiel spielt, bei dem man andere Kinderverprügeln muss, lernt es dann auch etwas oder nicht? Die sehr wichtige Einschätzung, wann man sich an Regeln zu halten hat und wann nicht, würde ich mein Kind nicht bei einem simplen Spiel mit einer konstruierten “Realität” lernen lassen, die mit dem echten Leben vom Inhalt und von der Komplexität nichts zu tun hat.

      Das war primär auch eher als netter Gag gedacht. Sekundär gibt es kein unnützes Wissen und eine gewisse Skepsis gegenüber der Autorität des Königs wird ihm später sicher nicht schaden. Außerdem kann man mit 6 Jahren schon abstrahieren, was königliche Fantasiewelt und echte Welt ist. Ein Kinderverprügelspiel würd ich ihn natürlich nicht spielen lassen und es gibt diverse andere Erziehungsschrauben, mit denen ich hoffe zu verhindern, dass er, selbst, wenn er mal so ein Spiel spielen sollte, auf die Idee kommt, das auch in der Realität umzusetzen.

      Das bedeutet nicht, dass elektronische Spielgeräte oder Medien vollkommen des Teufels sind, aber den Umgang damit kann man später immer noch lernen. Eine körperliche Entwicklung nachzuholen gelingt später aber nicht mehr.

      Ich sehe keinen Widerspruch zwischen Computerspielen und “körperlichem Lernen”. Beides hat seine Berechtigung und kann vereinbart werden. Ich würde da nichts gegeneinander ausspielen, sondern versuchen alles in Einklang zu bringen. Siehe dazu auch meine einführenden, grundsätzlichen Anmerkungen.

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  • Link-O-Rama vom 11. Dezember 2014 | BielinskiBlog 23. Dezember 2014

    […] Digitales Teufelszeug von Philippe Wyssen Es kommt doch immer darauf an, was man daraus macht und wie man damit umgeht. Ich hab das auch mal beobachtet. […]