Meine horizontale Karriere

Ruslan hat mit mir im Eltern ohne Filter Podcast u.a. auch über Karriere gesprochen. Da hab ich noch mal drüber nachgedacht.

Während des Gesprächs hatten wir beiden, glaube ich, ein ziemlich klares Bild von Karriere vor uns. Eine berufliche Laufbahn, in der es unter Einsatz von Ressourcen (v.a. Zeit) immer weiter nach oben geht. Mehr Geld, mehr Verantwortung, mehr Personal. Das habe ich in den letzten 22 Berufsjahren nicht gemacht.

Aber nachdem ich jetzt eine Woche darüber nachgedacht habe, bin ich auf folgendes Ergebnis gekommen: Ich habe eine horizontale Karriere gemacht. HORIZONTALE KARRIERE! Genialer Begriff, der mir da beim Frühstück eingefallen ist (v.a. für jemand, der eine ausgeprägte Horizontal-Vertikal-Schwäche hat). Daraus muss sich doch was machen lassen! Ist aber natürlich schon vielen anderen vor mir eingefallen.

Ich habe mich eigentlich immer innerhalb meiner Jobs oder durch einen Jobwechsel inhaltlich weiterentwickelt und ständig neue Aufgaben übernommen und neue Sachen dazugelernt.

Mitte der 90er hat mir ein Berufsberater im Berufsinformationszentrum meinen Berufswunsch „Journalismus“ ausgeredet, weil ich dafür zu schüchtern und nicht durchsetzungsfähig genug sei. Was ich damals nicht wusste: Ich wollte gar nicht Journalist werden, ich wollte einfach nur schreiben. Ich habe dann erst mal Code geschrieben. Meistens für Webseiten, die Journalismus gemacht haben. Und dann kamen horizontal immer neue Sachen dazu: Projektmanagement, Konzeptionsarbeit, Community-Management, Social-Media, Schnittstelle zwischen Technik und der normalen Welt, redaktionelle Tätigkeit, Schreiben, Weiterbildung zum Trainer, betrieblicher Dad-Jokes-Beauftragter.

Ich hatte immer das Glück, in Arbeitsumfeldern und mit Vorgesetzten zu arbeiten, die mir das ermöglicht und die mir gleichzeitig auch immer Anerkennung vermittelt und mich so in meinem Tun bestätigt haben. Ich konnte mittlerweile sogar ein eigenes Buch schreiben und arbeite seit 1,5 Jahren in einem neuen Job, der mir sehr viel Spaß macht und in dem ich schon wieder so viel Neues gelernt habe und zu einem Thema arbeiten darf, das mich seit Jahren persönlich interessiert.

Die vertikalen Karriereparameter Gehalt, Zeit und Verantwortung sind dabei immer ziemlich konstant geblieben.

Dass das alles immer in Teilzeit möglich war, ist ein sehr großes Privileg. Für den Eltern ohne Filter Podcast habe ich versucht, die Erwerbsarbeitsbiografie von meiner Frau und mir seit der Geburt der Kinder zu rekonstruieren. Die Grafik hat ein paar Unschärfen, aber im Großen und Ganzen passt es schon.

Eine vertikale Karriere wäre mit der Grafik wahrscheinlich nicht möglich gewesen – zumindest nicht als Art-Director. Die horizontale Karriere wurde, gerade durch das Modell, dass ich nicht der Alleinernährer bin und mich auch mal anderweitig beruflich umorientieren kann, ganz gut unterstützt und hat mir parallel das ermöglicht, was Ruslan am Ende des Podcasts aus meinem Blogpost zum Vatertag vorliest.

(Wer an den Stellen mit der „horizontalen Karriere“ das Kichern nicht unterdrücken konnte: mein Berufsberater freut sich über Besuch aus den 90ern, Jungs!)

6 Gedanken zu „Meine horizontale Karriere“

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  • 💬 Vera Schroeder

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