Teenage Mobility – Es ist kompliziert

Kinder im ÖPNV mitnehmen ist relativ einfach und günstig. Also zumindest, wenn das Kind nicht älter als 14 Jahre ist. Danach wird es an der einen oder anderen Stelle etwas komplizierter.

Seitdem eines meiner Kinder die Grenze zum 15. Lebensjahr überschritten hat, sind mir ein paar Sachen aufgefallen, die im ÖPNV bisschen unrund laufen.

Kostenlose Mitnahme nur bis 14

Bis zum 14. Lebensjahr gibt es bei der Deutschen Bahn und auch beim Münchner ÖPNV recht großzügige Mitnahmeregeln. Mit BahnCard können bei der Bahn Kinder in Begleitung der Eltern kostenlos mitfahren, für unsere IsarCard-Job-Abos, die meine Frau und ich haben, gilt das im Münchner ÖPNV ebenfalls. Ab dem 15. Lebensjahr fallen diese Begleitregelungen weg.

Wenn man die Ermäßigungen bis dahin als gezielte Unterstützung von Familien gedacht hat, dann versteh ich nicht ganz, warum das mit 15 Jahren plötzlich wegfällt. Teeanger belasten das Familienbudget meiner Erfahrung nach mit zunehmendem Alter eher stärker und eigenes Geld verdienen viele auch erst ab dem 18. Lebensjahr.

Aber gut, so ist es halt und immerhin gibt es Vergünstigungen. In München z. B. das 365€-Ticket für Schüler*innen oder eine extra Streifenkarte für Jugendliche oder bei der Bahn diverse Vergünstigungen. Die muss man aber erst mal kaufen und das ist nicht immer ganz einfach …

Bahntickets für die ganze Familie …

Bis zum 14. Lebensjahr des Sohnes habe ich beim Bahn-Ticket-Kauf immer die Anzahl der Personen und das jeweilige Alter angegeben. Danach gebucht, fertig. Seit ich in dem einen Altersfeld nicht mehr 14, sondern 15 eingebe, hat sich einiges geändert.

… innerhalb Deutschlands

bahn.de meldet, dass es gegebenenfalls günstiger sein könnte, getrennt zu buchen. Die Meldung kommt erst, seit der Sohn 15 ist. Obwohl ja eigentlich auch schon, als die Kinder noch z. B. 10 und 12 Jahre alt waren, Personen unterschiedlichen Alters buchen wollten.

Hintergrund der Meldung ist, dass man ab 15 Jahren eben nicht mehr bei den Eltern mitfahren kann, es gleichzeitig aber Ermäßigungen für Jugendliche gibt. An sich eine gute Sache, aber das Buchungssystem von bahn.de ist nicht in der Lage, das alles in einer Buchung abzuwickeln.

Entweder ich buche alles auf einmal, verzichte damit u. U. auf eine Jugendermäßigung, habe aber den Vorteil, dass ich Sitzplatzreservierungen für alle vier in einem Rutsch erledigen kann oder ich buche den 15-Jährigen extra, was etwas Geld spart, muss dann aber im Nachhinein die Sitzplatzreservierungen irgendwie zusammenbringen. Der Jugendrabatt für die Fahrt ist nirgendwo transparent zu finden. Man muss wirklich beide Buchungen parallel anleiern und dann die Preise händisch vergleichen. In meinen Tests waren es manchmal nur ein paar Euro, bei der Beispielfahrt nach Hamburg immerhin knapp 40 €. Ziemlich umständlich.

… ins europäische Ausland

Da wird es noch besser. Auf der Suche nach einer Verbindung von München nach Kopenhagen geht es wie folgt:

Erst mal wie gewohnt alle Daten eingeben …

Verbindung samt Preis finden …

Auf den roten Button zwecks Ticketkauf klicken und auf einer Suchmaske landen, wo man jetzt noch mal das vorher bereits angegebene Alter genauer eingeben muss …

Aktualisieren. Jetzt ist auf einmal der Ticketpreis nicht mehr da. Er wird angeblich im nächsten Schritt ermittelt.

Im nächsten Schritt lande ich aber erst mal auf der internationalen Buchungsseite der DB. Die Verbindung wurde immerhin übernommen, aber ich muss noch mal für alle Mitreisende das Alter eingeben. Diesmal superexakt mit Geburtsdatum. Jetzt aber! Gleich ist es so weit …

Es tut der Bahn leid. Das Ticket kann online nicht verkauft werden. Wow.

Ein sehr kundiger Bahnmitarbeiter hat mir am Infoschalter erklärt, warum das so nicht geht. Die Kurzfassung ist irgendwas mit jedes europäische Land kocht sein eigenes Ticketsüppchen und das Problem, welches bahn.de schon beim buchen innerdeutscher Verbindungen mit Ü14-Jährigen hat, multipliziert sich auf europäischer Ebene dann halt noch mal.

Es gibt drei Lösungen für das Problem: Den 15-Jährigen zum 14-Jährigen machen (illegal), das Ticket am Schalter kaufen (legal) oder den 14-Jährigen zum 18-Jährigen machen (legal). Dann kann man das Kopenhagen-Ticket auch problemlos online kaufen. Hab mich für eine der legalen Lösungen entschieden.

Streifenkarte – Digital war gestern

Meine Kinder fahren beide schon seit ein paar Jahren alleine mit dem ÖPNV durch die Stadt. Dafür lösen sie auch eigene Tickets, meistens über eine Streifenkarte. Ich habe ihnen dafür meinen Zugang für die MVG-App gegeben. Damit konnten sie selbstständig neue Streifenkarten digital kaufen und entwerten. Alles korrekt – dachte ich. Bis zu einer Fahrscheinkontrolle in der S-Bahn. Die vom Sohn in der App entwertete Streifenkarte wurde nicht als gültiger Fahrschein anerkannt, weil er alleine unterwegs war. Wäre ich dabei gewesen, wäre alles ok gewesen.

Einen gültigen Fahrausweis kann der Sohn nur mit einem eigenen M-Login in der MVG-App kaufen. Einen eigenen M-Login kann er aber erst ab 18 Jahren bekommen. Wenn er mich also nicht ständig als Begleitperson mitnehmen will (und daran haben 15-Jährige wirklich sehr wenig Interesse), dann bleibt ihm nur eine Papierstreifenkarte am Automaten zu kaufen.

Die Generation, die also ständig und alles am Handy macht, ist die Generation, die ein Papierticket kaufen muss.

Aber: Auch bisschen selbst Schuld. Hätte ich mal die FAQ zur MVG-App genauer gelesen, da steht das schon so drin. Es geht halt einfach nicht anders. Dachte ich zumindest, bis ich versucht habe, den Kindern ein Deutschlandticket zu kaufen …

Deutschlandticket

Ihr fandet das bis hierher schon alles eher suboptimal nutzerfreundlich? Auftritt Deutschlandticket.

Das Ticket ist ja angetreten, endlich Schluss mit dem deutschlandweiten Tarifwirrwar zu machen. Ein digitales Ticket, überall im Land einsteigen. In der Praxis wird das am Ende so sein, da freu ich mich drauf.

Aber in der Ausgestaltung und Anschaffung gibt es dann doch (erst mal) wieder ein bisschen Deutschland-Flickenteppich. Auch und v. a. für Kinder und Jugendliche.

Die Mitnahme von Kindern ist jetzt nur noch bis zum Alter von sechs Jahren möglich. Ab dann brauchen Kinder ein eigenes Deutschlandticket. Für 49 €. Es sei denn, sie wohnen z.B. in Hamburg. Dort bekommen Schüler*innen das Ticket für 19 €. Oder sie wohnen in Bayern und sind Auszubildende, Studierende oder Schüler*innen. Dann zahlen sie 29 €. Schüler*innen aber nur ab der 11. Klasse. So weit, so WTF!?

Meine Kinder lernen noch keinen Beruf und sind auch noch nicht in der 11. Klasse. Kauf ich ihnen also ein Standard-Deutschlandticket für 49 €. Kann ja wohl nicht so schwer sein!

Nach dem Fiasko mit der Fahrscheinkontrolle und der MVG-App (s. o.) ist mir klar, dass ich das digital nicht in der MVG-App bewerkstelligen kann. Es ist aber auch nicht einfach rauszufinden, ob, wie und wo ich es digital für beide Kinder kaufen kann, sodass die es einfach immer auf ihrem Handy dabei haben können.

Die Hotline der MVG kündigt Wartezeiten bis zu 45 Minuten an. Ich versuche erst mal eine ganze Woche lang zu unterschiedlichen Tageszeiten an Infoschaltern am Marienplatz, Ostbahnhof und Hauptbahnhof Auskunft zu erhalten. Wenn man nicht gerade drei Stunden Mittagspause machen kann, ein schwieriges Unterfangen. Überall sehr, sehr lange Schlangen.

Die Idee, den Kindern einen eigenen Bahn-Account für das Deutschlandticket anzulegen, endet in dem FAQ-Eintrag, der mir sagt, dass das leider nicht geht. Eine Bahnmitarbeiterin meint am Hauptbahnhof, dass mit dem Deutschlandticket für Jugendliche ginge ihrer Meinung nach tatsächlich nur, wenn ich mich da vorne im Reisezentrum in die drei Stunden-Schlange einreihe.

Ich bin aber noch nicht reif für die Schlange! Und frage erst mal auf Mastodon nach. Eine Lösung könnte sein, das Deutschlandticket über die ÖPNV-App von Nürnberg zu kaufen. Finde es ein bisschen absurd, als Münchner in Nürnberg ein Ticket für ganz Deutschland zu kaufen. Schließlich erreicht mich auf Instagram noch ein letzter Tipp.

Die MVV-App!

In München gibt es die MVG und den MVV. Bei beiden kann man digital dieselben Tickets für den Münchner ÖPNV kaufen. Und tatsächlich: im Unterschied zur MVG-App, kann man in der MVV-App Tickets auf mehrere Personen kaufen und den MVV-Account kann man dann auf mehreren Geräten nutzen, das jeweilige Ticket auf das entsprechende Gerät übertragen.

Der MVV weißt darauf in den FAQ explizit hin (und auch noch mal auf meine Mailnachfrage)

In der MVG-FAQ steht explizit, dass das mit dem digitalen Ticket für andere nur geht, wenn man die Person begleitet.

Hätte mein Sohn die Streifenkarte bei der Kontrolle also über den MVV-Account gekauft, wäre er nicht schwarz gefahren. Eine Stadt, viele Möglichkeiten.

8 Gedanken zu „Teenage Mobility – Es ist kompliziert“

  1. Kleiner Tipp zur Auslandsverbindung. Versuchen, diese über das ausländische System zu buchen, also z.B. auf der Seite der dänischen Bahn. Bei meiner letzten Schwedenfahrt konnte ich so nicht nur einfacher buchen (online satt am Bahnschalter im Reisezentrum), es war auch gleich etliche Euro günstiger…

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  • 💬 Heiko Bielinski

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