in Tagebuch

Wer austritt, muss auch eintreten

Vor sechs Monaten bin ich aus der katholischen Kirche ausgetreten, vor einem Monat in eine Gewerkschaft eingetreten.

Mit der katholischen Kirche hadere ich im Prinzip schon seit meiner Volljährigkeit. Kirchlich aktiv bin ich seitdem nie wieder in nennenswertem Maße gewesen, die Mitgliedschaft hab ich wegignoriert. Der Dreck am Stecken der katholischen Kirche ist allgemein bekannt und ich hab ihn jahrelang mit meiner Kirchensteuer finanziell unterstützt. Den vorletzten Stupser hat mir die ARD Doku Wie Gott uns schuf gegeben. Auch nicht wirklich Neues, aber es so komprimiert zu sehen hat mich wirklich wütend gemacht. Dann hat es nur noch ein paar penetrante Kolleginnen gebraucht, die mir den letzten Stupser gaben und mich in jeder zweiten Mittagspause gefragt haben, ob ich schon ausgetreten sei. Irgendwann waren mir meine Ausflüchte so peinlich, dass ich mir an einem freien Tag einen kurzfristigen Termin beim KVR geklickt, 35 € bezahlt und meinen Kirchenaustritt erklärt habe. San Frantschüssko, Popeisko!

Mit einer Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft hadere ich auch schon sehr lange. Mein Vater war lange in der IG Metall, ich bin in den 1980ern mit 35-Stunden-Woche-Aufklebern aufgewachsen.

Als ich selber ins Berufsleben eingetreten bin, hab ich erst mal lange in einem Umfeld gearbeitet, in dem Arbeitnehmerorganisation kein Thema war, wahrscheinlich sogar eher als uncool galt.

Ich hab meinen Gewerkschaftseintritt genauso verdrängt wie den Kirchenaustritt. Bei beidem wusste ich insgeheim, dass es dringend nötig und sinnvoll ist, aber dann waren immer andere Sachen grad wichtiger. Vor knapp zehn Jahren hab ich dann zum ersten mal selbst erlebt, wie wichtig ein starker, gewerkschaftsunterstützter Betriebsrat sein kann.

Seit zweieinhalb Jahren arbeite ich wieder in einem Umfeld, in dem es eine ordentliche Gewerkschaftskultur gibt. 2023 bin ich endlich eingetreten. Ich bin jetzt ver.di Mitglied und hab heute zum ersten mal digital über einen Tarifeinigung abgestimmt.

Ich glaube, dass war insgesamt ein guter Mitgliedschaftstausch.

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