in Mobilität, Tagebuch

8.5.2021: Autokino

Meine Frau hat vor zwei Wochen in unseren gemeinsamen Familienkalender einen geheimnisvollen Eintrag für den 8.5. gemacht.

Seitdem rätseln die Kinder und ich, was da passieren wird, stellen natürlich immer wieder verbale Fallen um rauszufinden, was geplant ist – ohne Erfolg.

Wir hängen eigentlich seit dem Sommerurlaub 2020 pandemiebedingt mehr oder weniger nur noch zu Hause rum, gehen spazieren, joggen und das wars dann auch schon. Größere Unternehmungen gab es seit über einem halben Jahr nur noch sehr begrenzt. Wir sind also schon ein bisschen gespannt.

Um 17:30 gehen wir los. Bis zur Tiefgarage, wo unsere Car-Sharing-Autos stehen. Sie hat eins gebucht und wir fahren kurz auf die Autobahn und verlassen München Richtung Osten. Ausfahrt Aschheim geht es ab und da dämmert es mir. In Aschheim gibt es ein Autokino. Das weiß ich schon, seit ich in München wohne und da wollte ich eigentlich schon immer mal hin. Autokinos kenne ich aus den Hollywoodfilmen meiner Kindheit. Das fand ich schon immer faszinierend.

Jetzt fahren wir also ins Autokino. Mit einem Car-Sharing-Auto. Das klingt erst mal bisschen komisch. Aber warum eigentlich nicht. Wir haben ja unser Auto verkauft und sind auf Car-Sharing umgestiegen, weil wir für alle Anwendungsfälle, wo wir ein Auto benötigen auf eins zugreifen wollen. Und Autokino ohne Auto geht halt nicht.

Und wie ist so ein Autokino jetzt?

Also einerseits … und andererseits.

Einerseits beginnt der Film schon um 19:00. Wegen der Ausgangssperre. Damit alle wieder pünktlich um 22:00 zu Hause sind. 19:00 bedeutet aber: es ist noch hell. Und bei Helligkeit braucht man eine andere Leinwand, als bei Dunkelheit. Eine aktiv beleuchtete. Und die ist drastisch kleiner, als die zwei Standardleinwände aus dem Normalbetrieb. Und dann ist so ein Autokino bei Tageslicht betrachtet eigentlich eine ziemlich triste Angelegenheit. Ein riesiger, zubetonierter Parkplatz, draußen vor der Stadt. Am Rand steht eine traurige Baracke, in der Pommes mehr schlecht als recht frittiert werden. Und die beiden Familienmitglieder auf dem Rücksitz haben es nicht ganz so einfach die ganze Leinwand zu sehen. Da sind einige Verrenkungen nötig.

Andererseits ist das Kinoerlebnis für die im vorderen Bereich sitzenden Menschen sehr bequem, der Ton über das Autoradio ist tipptopp und glasklar. Und die ganze Tristesse des Arrangements sieht man, wenn man mal wieder im Auto drin sitzt, natürlich nicht mehr. Selbst bei Tageslicht funktioniert der Abgrenzungseffekt zur Außenwelt relativ gut. Ein Effekt, der auch im Straßenverkehr dafür sorgt, dass Autofahrer*innen die sind, die audio-visuell von den anderen Verkehrsteilnehmer*innen am effektivsten abgeschirmt sind. Für den, der drinnen sitzt ist das individuell betrachtet sehr bequem. Für alle drumrum sehr häufig ein Problem. Vor allem, weil die, die drinnen sitzen in der stärkeren Position sind und gleichzeitig am wenigsten wahrnehmen.

Ansonsten ist einiges auch wie im normalen Kino. Wir verdrücken eine riesige Familenportion Popcorn und spülen sie mit Softdrinks runter. Eine Familie neben uns regt sich beim Einparken auf, weil ihr der zugewiesene Parkplatz nicht gefällt. Nach kurzem Disput fahren sie wütend wieder weg. Direkt mit Einsetzen des Abspanns werfen die ersten ihre Autos an und düsen los. Am Ende des Abspanns (es lief Immer Ärger mit Grandpa. Ganz nette Familienkomödie. Gibts auch schon auf Amazon Prime) stehen wir fast alleine auf dem leeren Parkplatz.

Fazit: auch wieder einerseits … andererseits.

Einerseits: Wie absurd so ein Autokino auf jemanden wirkt, der das bisher noch gar nicht kannte: „Das ist eigentlich totaler Quatsch.“ (Sohn) und „Das ist was für Leute, die ein Auto haben und sich aber keinen Fernseher leisten können“ (Tochter).

Andererseits: Normales Kino wird das nie ersetzen, aber ich kann mir schon vorstellen da noch mal als kleines Event hinzufahren. Dann aber nur zu zweit, bei Dunkelheit und auf der riesigen Leinwand läuft ein Film aus den 80ern, in dem ein Auto der Bösewicht ist.

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