Ich mag Bibliotheken. Und damit meine ich im Besonderen die öffentlichen Bibliotheken. Die wissenschaftlichen Bibliotheken sind auch toll, aber das Studium ist vorbei und auf Partnersuche bin ich auch nicht mehr.
Als Disclaimer Disclosure der Befangenheit muss ich kurz voranstellen, dass ich mit einer Bibliothekarin verheiratet bin und während des Studiums zu vielen Bibliothekaren/innen engste Kontakte gepflegt habe und auch heute noch pflege. Zum Glück. Denn ansonsten würde ich Bibliotheken heute wahrscheinlich genau so nutzen wie der nicht-bibliotheks-affine Teil meines Bekannten -und Kollegenkreises, nämlich: Gar nicht.
Es scheint mir tatsächlich so, dass diese ganzen toppinformierten, internetaffinen Menschen, die ihre Wohnungen bei airbnb zur Mitbenutzung anbieten, ihre Werkzeuge bei whyownit ausleihen und ihre Autos beim Car-Sharing gemeinsam nutzen nicht so recht wissen, was in einer der ältesten Kultur-Sharing-Einrichtungen momentan geboten wird.
Deshalb präsentiere ich:
13 Gründe, warum Bibliotheken spitze sind (und eine nicht ganz so tolle Sache)
- Beratung
Das überrascht viele, aber: Ja, man kann Bibliothekswesen studieren. D.h. Die Bibliothekarin, die Dir an der Auskunft gegenüber sitzt hat 3-4 Jahre Fachhochschulstudium hinter sich und kann Auskunft geben. Und zwar nicht nur die „Lesern die dieses Buch gekauft haben, finden auch dieses Buch gut“, sondern Deine Bibliothekarin vor Ort weiß Bescheid über: spezielle Fach-Datenbanken, Nachschlagewerke, Auskunftsmittel und weitere Recherchemöglichkeiten von denen du wahrscheinlich noch nie was gehört hast, die aber tatsächlich viel gezielter zu Suchergebnissen führen, als es jedes SEO-verseuchte Google-Sucheergebniss jemals schaffen wird. - Digital ist besser
Der komplette Bibliotheksbestand ist online recherchier -und reservierbar. Bibliothekare/innen podcasten, veranstalten Bibcamps, twittern und verleihen Ebooks. - Filme
Neben Büchern bietet heute jede Bibliothek einen großen Bestand an Filmen auf DVD und Blue-Ray an. Man bekommt vielleicht nicht immer sofort die Top-20 der aktuellen Ausleihcharts, aber die Top-20 der aktuellen Ausleihcharts beinhaltet auch viel Schrott und der bis zu 50 Jahre zurückreichende Filmbestand Deiner Bibliothek viele Perlen.
Die Münchner Stadtbibliothek ist im Filmbereich z.B. sehr gut (und auch aktuell) ausgestattet. Im populären Seriensegment findet man dort die ganzen tollen Qualitätsserien, die ihr Euch sonst immer in den dunklen Ecken des Netzes zieht oder für teures Geld bei Amazon bestellt. - Games
Man kann Spiele ausleihen. XBox, Playstation, Wii. Und in manchen Bibliotheken kann man sogar vor Ort spielen. Im neu eingerichteten Update-Bereich der Zentralbibliothek München geht das. - Öffentlicher Raum
Jeder kann rein in die Bibliothek. Klingt banal, aber öffentlicher Raum verknappt immer mehr. In die Bibliothek kann man einfach rein, wenn es z.B. regnet, sich hinsetzen, rumlaufen, in die Luft kucken und dann wieder rausgehen. - Toiletten
Jeder darf, wenn er muss. Ganz ohne Verzehrzwang. In vielen Bibliotheken gibt es außerdem zusätzlich Wickelräume für Eltern und behindertengerechte Toiletten. - Fortbildung und Integration
Weil Bibliothekare/innen studiert haben können sie nicht nur an der Auskunft Auskunft geben, sondern auch Fortbildungskurse leiten. Z.B. erklären sie Menschen, die neu im Land sind und teilweise wenig Sprachkenntnisse haben, wie sie die Ressourcen der Bibliothek nutzen können um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Sie erklären Jugendlichen wie sie ihre Privatsphäre auf Facebook schützen, sie helfen Rentnern dabei Mailaccounts einzurichten und zeigen Abiturienten, wie sie für ihre Facharbeit recherchieren. - Veranstaltungen
In den meisten Bibliotheken gibt es ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm. Lesungen, Konzerte, Workshops, Kino und Ausstellungen. Die Eintrittspreise sind moderat. - Kunst für Alle
Einige Bibliotheken betreiben sogenannte Artotheken. Dort kann man sich Kunst ausleihen. Und nach Ende der Leihfrist bringt man das Gemälde zurück und stellt sich stattdessen eine Skulptur für vier Wochen ins Wohnzimmer. - Wissen für Alle
Jeder darf rein in die Bibliothek Und damit hat auch jeder unabhängig von sozialer Herkunft die Möglichkeit auf Wissen zuzugreifen. - Non-Profit-Shit
Die Bibliothek arbeitet nicht profitorientiert. Ziel ist maximal die Kostendeckung. D.h. sie muss sich nicht primär an den Ausleihzahlen orientieren und ihr Programm und Angebot sklavisch dem Massengeschmack unterordnen (wenngleich dies durchaus bis zu einem gewissen Grad sinnvoll ist um neue Zielgruppen und Schichten in die Bibliothek zu locken) - Denkt an die Kinder!
Öffentliche Bibliotheken haben spezielle Kinder -und Jugendabteilungen. Dort gibt es Kinderhörspiele, Kinderbücher, Bilderbücher, Lernmaterialien, Kinderfilme und spezielle Kinderveranstaltungen, die von Lesungen über Krabbelgruppen bis hin zu Workshops reichen. Und ganz wichtig: Niemand beschwert sich, wenn es laut wird. - WLAN
Für Alle. Kostenlos. - Der Kaffeeautomat
Viele Bibliotheken haben einen. Der Kaffee schmeckt meistens schlecht.
(Noch ein Disclaimer: Wenn da oben fast nur Beispiele aus München verlinkt sind, liegt das daran, dass ich in München wohne. Das alles findet man auch in vielen anderen Stadtbibliotheken. )
Vielen Dank für den Super guten Beitrag. Ich arbeite zwa an einer Uni.Bibliothek, weiß aber gut darüber Bescheid , wie viele Bibliotheken in den Berliner Bezirken ums Überleben kämpfen…
Wie arrangiert Mitarbeiter arbeiten und Ihre Bibliotheksarbeit mit Buch und Mensch lieben.
Mit freundliche Grüßen aus Berlin Brigitte Müller
Vielen Dank für diesen schön Beitrag. Man bekommt wieder richtig Lust in die Bibliothek zu gehen.
Danke sehr!! Leider begegnet mir immer noch sehr häufig die Vorstellung, dass „ordnen uns Sortieren“ einen Großteil unserer Arbeit ausmacht….
Beste Grüße einer Dipl.-Bibl. aus Düsseldorf.
Bibliotheken sind toll, das finde ich auch. Was ich mag sind, dass man auch Zeitschriften lesen und teilweise auch ausleihen kann. Ich hab nach einigen Jahren ohne dieses Jahr meinen Ausweis für die Münchner Stadtbibliothek verlängert und nutze sie rege. In München finde ich allerdings blöd, dass die Stadtbibliotheken nicht Samstag auf hat. Für mich ist es schwierig die Bibliothek zu den Öffnungszeiten aufzusuchen und mache das meist an einem freien Tag. Bei meiner Stadtteilbibliothek gibt es zum Glück einen Rückgabeautomaten, der auch außerhalb der Öffnungzeiten genutzt werden kann. Wenn dieser mal nicht außer Betrieb ist, klappt das prima.
Toller Beitrag. Und mit gewissen Einschränkungen gilt das auch für kleine Ortsteil-Bibliotheken, die ehrenamtlich geführt werden. Bei uns (17.Medien, neueste Bücher, viele Filme, riesige Kinder-Jugendbuch-Abteilung) gibt es auch monatliche Lesungen, Bilderbuchkinos, Kino, Vorträge. Alles ehrenamtlich und kostenlos oder zu kleinen Preisen, finanziert zum Großteil durch Spenden und Sponsoren. Es geht also auch so! (Nur Kaffee gibt’s bei uns keinen….)
Dieser Beitrag rührt mich als Bibliothekarin zu Tränen … vielen Dank dafür.
Wenn man dann noch daran denkt, daß eine Anstalt wie das ZDF seine Bibliothek geschlossen und den Bestand verkauft hat … die Bürger Kassels es durch einen Bürgerentscheid mangels Teilnahme nicht geschafft haben, ihre drei Büchereien vor der Schließung zu retten und ich letztens gefragt wurde, „Ach Gottchen, diesen Beruf gibt es noch?“, dann könnte man mehr als weinen …
Ein echter Klassiker, Dein Text!💚
war etwas schockiert, wie lang das schon her ist 😉
Jaja, wir werden alt😉
kulturstiftung-des-bundes.de/de/projekte/tr…