in Tagebuch

6.3.2021: Impfen BW

Anfang Januar hab ich gedacht: vielleicht sind meine Eltern Anfang März schon geimpft. Die sind beide so um die 70 und wohnen in Baden-Württemberg.

Anfang März waren sie dann noch nicht geimpft. Schau ich also mal auf das Impfportal von Baden-Württemberg. In Bayern gibt es diese Seite. Dort kann man sich durch ein paar Fragen klicken und danach Mailadresse oder Telefonnummer hinterlegen. Ich denke mal, wenn ich dran bin, wird sich jemand bei mir melden. Mach ich das auch mal für meine Eltern. Ich hab aufgezeichnet, wie man das in Baden-Württemberg (und noch ein paar anderen Bundesländern, die das gleiche Tool nutzen) machen muss:

Noch mal kurz verschriftlicht: Seite laden. Cookie-Banner wegklicken, Dropdown Bundesland auswählen, Dropdown PLZ (ich kann da nicht mit Eingabe einer Zahl schnell runter springen, sondern muss von Hand scrollen), noch mal Cookie-Banner klicken (why!?), ewig lange Kriterienliste lesen. Prüfen. Pech gehabt!

Das ist insgesamt von der Nutzerfreundlichkeit schon nicht sooo geil. Aber was mich wirklich fertig macht: ich kann am Ende des Prozesses nirgendwo eine Mailadresse oder eine Telefonnummer eingeben, damit mir jemand schreibt, wenn sich an der ewig langen Kriterienliste was geändert hat und ich (bzw. meine Eltern) vielleicht bessere Chancen haben, einen Termin zu bekommen. Ich (oder meine Eltern) müssen jeden verdammten Tag neu auf die Seite gehen und Cookie-Banner wegklicken.

Bisher dachte ich, das Elternportal an der Schule meiner Kinder ist mein Usabilty-Endgegner, aber das ImpfportalBW legt noch mal einen drauf. Das macht müde.

Update: Hier hat Tobias Fischer schon mal bei den Entwicklern eine Warteschlangen-Funktion angefragt. Die Antwort ist eher ernüchternd:

Update 9.3.2021

Ein Freund schickt mir die Nachricht, dass seit heute in Baden-Württemberg auch die Altersgruppe Ü70 einen Impftermin ausmachen kann. Die Information, die ich eigentlich gern irgendwie über einen Push vom Impfportal bekommen hätte, bekomme ich privat gepusht. Nachzulesen auf der Webseite meines Heimatlandkreises.

Auf derselben Webseite steht auch, dass die komplette Terminvergabe unbedingt über die Webseite impfterminservice.de erfolgen muss (oder die Hotline, aber von der wurde mir bisher eher nix Gutes berichtet und ich weiss gar nicht, wie man den noch folgenden Prozess überhaupt über eine Telefonhotline abbilden will).

Also wieder zurück zu impfterminservice.de und Bundesland und Impfzentrum im Dropdown ausgewählt …

… dann wieder die Frage beantworten, ob mein Anspruch auf eine Impfung bereits geprüft wurde. Ich würde gerne „Ja“ antworten, weil ich hab den Anspruch eigentlich schon ein paar mal geprüft. Kurz davor z.B. durch das Lesen der neuen Impfbedingungen auf der Webseite des Landkreises. Aber weil ich mittlerweile Impfportalprofi bin, weiss ich natürlich, wie das gemeint ist und klicke auf „Nein (Anspruch prüfen)“ …

Jetzt kommt ein paar mal diese Meldung …

… dabei wollte ich ja noch gar keinen Termin, sondern eigentlich erst mal nur prüfen, ob ich überhaupt berechtigt bin einen Termin zu bekommen. Ich lade die Seite ein paar mal neu, wähle am Anfang auch mal ein anderes Impfzentrum aus. Irgendwann kommt dann wieder die sehr lange Kriterienliste, die ich schon von vor drei Tagen kenne. Und da steht an allererster Stelle dann zunächst, dass man über 80 Jahre alt sein muss, um einen Termin zu bekommen. Mit der Information zu Ü70 von der Landkreisseite könnte man da jetzt ein bisschen verwirrt sein …

… aber ich war an dem Ort schon ein paar mal und kenn mich aus. Beherzt scrolle ich weiter runter und da steht dann, dass man doch auch noch mal auf der Webseite impfen-bw.de nachschauen kann, ob es für das eigene Bundesland noch ein paar Zusatzkriterien gibt.

… ein offener Browsertab mehr oder weniger macht auch nichts mehr aus. Drüben bei impfen-bw.de dann noch mal die gleiche Information wie auf hohenlohekreis.de. Impfen ab 70! Hurra!

… zurück zum impfterminservice.de. Am Ende der sehr langen Kriterienliste kann ich jetzt zum ersten mal auf „Ja“ klicken. Nach dem Klick ein weiteres Eingabefeld, wo ich das Alter eingebe. Dann „Schnellprüfung durchführen“ („SCHNELLPrüfung“ LOL) …

… endlich neue Eingabefelder. E-Mail UND Mobilfunknummer. Das wollte ich ja eigentlich die ganze Zeit!

Nach Eingabe der Daten kommt eine SMS-Tan auf das Handy. Die SMS dann im nächsten Schritt wieder auf der Webseite eingeben …

… jetzt kommt eine E-Mail an die Mailadresse, die ich davor eingegeben habe. Die Mail enthält einen „Vermittlungscode“ und einen sehr großen „Termine buchen“ Button …

… Klicke natürlich sofort auf den Button und komme auf eine Seite auf der ich jetzt „Termine suchen“ kann. Von „buchen“ zu „suchen“ in einem Klick. Außerdem wird mir zum ersten mal visualisiert, dass ich im Prozess einen Impftermin auszumachen erst bei „Stufe 1“ bin. Für mich fühlt es sich an wie STUFE !1ELF!!!

… ich klicke also auf den Button und bekomme die Meldung, dass momentan kein Termin frei ist. Das aber immerhin noch für knapp 9 Minuten.

Das bedeutet, ich (und der Rest der Familie) wird jetzt einfach die nächsten Tage immer wieder auf die Seite gehen und versuchen einen Termin zu buchen.

Interessant auch: Wenn man in der Mail mit dem Bestätigungscode auf den „Termine buchen“ Button klickt, kommt man direkt in den Buchungsprozess. Was ich erwarten würde: dieser Prozess gilt dann explizit für das ganz am Anfang ausgewählte Impfzentrum. Jedes Impfzentrum scheint aber mit anderen Impfzentren in der Nähe gruppiert zu sein und jede Gruppe hat eine eigene Subdomain …

Man kann also einfach auch neu auf impfterminservice.de gehen, ein anderes Impfzentrum (in der Nähe) auswählen und im nächsten Schritt dann versuchen einen Termin zu buchen. Ob der Code danach irgendwann als nicht-gültig für dieses Impfzentrum erkannt wird bleibt offen, weil bei allen Tests bisher keine Termine verfügbar waren. Könnte auch sein, dass die Terminanfrage, egal welchen Weg man wählt, immer auf die komplette Impfzentrengruppe läuft und man das später im Prozess irgendwann gesagt bekommt.

Stand jetzt bin ich also im 2. Level angekommen. Trotz Müdgkeit – ich bleib natürlich dran.

Update: Es gibt eine Tracker Webseite von Joshua Jung, die die Daten (bis vor kurzem) automatisiert vom Impfportal abgegriffen und ausgewertet hat, zu welcher Uhrzeit man die besten Chancen auf einen Termin hat. Und hier ein Artikel, in dem die Daten ausgewertet werden.

Update 13.3.2021

Seit knapp einer Woche haben wir (die ganze Familie ist jetzt involviert) also einen Verifizierungscode, der zu einem Impftermin berechtigt. Jeder in der Familie hat also die Woche über immer mal wieder auf den Button „Termin buchen“ in der Mail mit dem Verifizierungscode geklickt. Man muss das wirklich immer wieder eigeninititativ machen um zu sehen, ob es jetzt vielleicht einen freien Termin gibt.

Meistens bekommt man nach dem Klick diese Meldung. Ein nicht freier Termin wird 9 Minuten für uns reserviert.

An einem Abend sah der Vorgang dann so aus: Button klicken und auf der Seite steht einfach nur ein inaktiver Button mit der Aufschrift „Zum Impfzentrum“. Ich will aber gar nicht zum Impfzentrum. Das hab ich ja schon mal vor einer Woche ganz am Anfang des Prozessses ausgewählt.

Die Seite lässt mich ratlos zurück und ich mache das, was ich sonst eigentlich nie mache: Ich lese die Anleitung. Im Hauptmenue klicke ich den Punkt „Hilfe“. Auf der HIlfeseite erfahre ich, dass es gerade „Wartungsarbeiten“ gibt. Inklusive ausgegebenen HTML-Paragraphenzeichen. Wer schon mal selbst eine Webseite erstelt hat, weiss, dass das nicht unbedingt einen Zeichen für Professionalität ist, wenn da HTML-Code ausgegeben wird. Mein Vertrauen in die Macher steigt nicht. (in der HIlfe habe ich dann noch eine 7-seitige-PDF-Anleitung gefunden, wie der Weg zum Impftermin im Normalfall läuft. Sieben Seiten. Ungefähr die gleichen Screenshots, wie hier im BLogbeitrag. Nur ohne die ganzen Fehlermeldungen und Ungereimtheiten)

https://pbs.twimg.com/media/EwORaS6XMAsj20F?format=jpg&name=900x900

Die dritte Variante, die man nach Klick auf den „Termin buchen“-Button bekommt, ist der „Virtuelle Warteraum“. Das steht: „Wir bitten um etwas Geduld. Sie werden automatisch weitergeleitet“. Ich hab den Browsertab über eine Stunde offen gelassen. Ich wurde nicht weitergeleitet.

Das Gute: auf Twitter berichten mir Menschen, dass es bei ihnen irgendwann geklappt hat. Ich habe als Jugendlicher u.a. Police Quest 1 ohne Lösungshilfe durchgespielt. Ich bleibe dran, ich werde den Impfterminservice auch noch schaffen. „Use verification code with button“ wird irgendwann die Lösung bringen. Momentan ist mir aber eher nach „Benutze Peitsche mit Henry Impfterminservice.de“.

Update 26.3.

Die ganze Familie hat die letzten Wochen immer wieder geklickt. Heute gibt es einen Termin. Gleich für den nächsten Tag. Samstag, 27.3., 16:30, mein Vater hat seine erste Impfung!

Update 31.3.

Baden-Württemberg impft jetzt auch ab 60. Jetzt geht die Klickerei für meine Mutter wieder von vorne los. Auf Twitter wird mir noch ein zweiter Impftracker empfohlen, der die Daten vom Portal abgreift und grobe Verfügbarkeiten von Termincodes anzeigen will.

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15 Kommentare

  1. Oh faszinierend. Wir in Bay können uns auch schon anmelden, wenn wir letzte Prio-Gruppe sind und könnte auch die Eltern anmelden, aber will sie da nicht „gegen ihren Willen“ anmelden und Kontaktdaten weitergeben.



  2. bei uns wars so: Alle Familienmitglieder haben die letzten Wochen immer wieder (gar nicht mal Nachts) auf die Seite geklickt. Letzten Freitag hatte ich um 8 noch nix, um 9 hat mein Bruder einen Termin für den Samstag verfügbar. Gefühlt komplett random.

  3. In den letzten Wochen tauchten in meiner Twitter-Timeline so viele Leute mit Impfies auf, dass ich mir dachte: „Wenn die schon dran sind, dann könnte ich vielleicht auch bald dran sein.“ Schließlich habe ich mit Asthma, Bluthochdruck und Fettleibigkeit gleich mehrere der Krankheiten, die eine Priorisierung wegen der höheren Wahrscheinlichkeit eines schweren Verlaufs der COVID-19-Erkrankung begründen.

    Schritt 1: Attest

    Also habe ich mal bei meiner Hausarztpraxis angerufen, und die sagte: „Na klar, Attest ist raus.“ Zwei Tage später hatte ich ein hochoffiziell klingendes Schreiben auf schickem Briefpapier in den Händen.

    Schritt 2: Terminbuchung

    Über den Prozess der Impfterminbuchung hatte ich schon mit Schrecken bei Heibie gelesen, und er hat alle Erwartungen erfüllt. Es begann damit, dass ein Vermittlungscode benötigt wurde. Um den zu bekommen, musste ich (selbst!) prüfen, ob ich Anspruch auf eine Corona-Schutzimpfung habe:

    Leider erscheint das Formular, in dem ich mir das selbst bestätigen kann, nur dann, wenn gerade ein Impftermin frei wäre (den ich dann gar nicht bekommen kann, weshalb diese Einschränkung völlig unverständlich ist). Da hilft nur sehr fleißiges Neuladen, mehrere Tage lang. Als das Formular erschien, gab es noch eine SMS-Verifikation, und dann kam der Vermittlungscode per Mail. Uffz.

    Mit dem Vermittlungscode musste wieder so lang eine andere Seite neu geladen werden, bis Termine zur Auswahl auftauchten. Nach diesmal nur anderthalb Stunden bekam ich eine Liste mit genau einem Terminpaar (für Erst- und Zweitimpfung) zur Auswahl. Dann nehme ich das doch.

    Halt! Erst noch alle persönlichen Daten eingeben und noch einmal die Mailadresse bestätigen, an die vorhin schon der Code gesendet wurde (warum?), und dann kamen endlich die zwei Bestätigungen. Ich hatte Impftermine.

    Schritt 3: Impfpass suchen

    Der Schritt war fast schon zu einfach: der Impfpass war genau da, wo ich ihn vermutet hatte.

    Schritt 4: Impfzentrum

    Gestern war ich dann im Impfzentrum Stuttgart Liederhalle. Das ist eine sehr beeindruckende Installation, der anzusehen ist, dass sie dazu gedacht war, tausende von Menschen durchschleusen. Da aber die dazu notwendige Impfstoffmenge bekanntlich (noch) nicht vorhanden ist, wirkte es gestern vergleichsweise verlassen. Die Stimmung war ungefähr wie an einem Flughafen in der Hochsaison — aber ganz früh am Morgen: lange Schlangenlinien aus Absperrbändern mit 1,50-m-Abstand-halten-Klebebändern auf dem Boden, die ich leer durchlief (genau wie am Flughafen standen auch hier Sicherheitskräfte am Rand und sahen so aus, als ob sie es nicht lustig finden würden, wenn ich das Personenleitsystem abkürze).

    Um den Betrieb nicht unnötig aufzuhalten, wird empfohlen, sich Selbstanamnesebogen und Laufzettel vorher selbst auszudrucken. Dazu gibt es auf der Webseite impfen-bw.de einen PDF-Generator. Das hatte ich getan, und dadurch kam ich noch schneller durch alle Stationen. Also: fast. Am Checkin hatte ich nämlich noch das Problem, dass mein Attest gar nicht die Richtige Impfgruppe auswies. Da ich aber recht leicht Nachprüfbar mit einem BMI über 40 zur aktuell berechtigten Impfgruppe gehöre, und da die auf dem Attest genannte Impfgruppe ohnehin ab nächsten Montag schon dran sein wird, haben sie mich doch durchgelassen (zum Glück, denn sonst wäre ich wieder bei Schritt 2 gewesen).

    Im Hegelsaal sind etwa 20 bis 30 Impfkabinen mit jeweils zwei Eingängen, so dass immer eine Person sich vorbereiten (Jacke aus- und anziehen, …) kann, während eine andere geimpft wird. Die Impfkabinen sind nach Städten benannt, ich war (leider nicht so mondän) in Berlin. Das eigentliche Impfen war dann total unspektakulär: einmal Pieks, Aufkleber und Stempel in den Impfpass, fertig.

    Wegen meiner Allergien wurde mir statt der üblichen 15 Minuten eine Ruhezeit von 30 Minuten verordnet. Dafür ist der Schillersaal mit Stühlen im ordentlichen 2-Meter-Raster ausgestattet („Chillen im Schillersaal“, gnihihihi … naja, zumindest zu dem Zeitpunkt fand ich das lustig). Es hätte dort auch Wasser zum Trinken gegeben, aber ich bin doch nicht verrückt und nehme in einem Raum mit so vielen Leuten meinen Mund-Nasen-Schutz ab.

    Nachdem ich da meine halbe Stunde abgewartet hatte (kontrolliert hat das niemand, aber ich habe mir einfach einen Wecker gestellt und Podcasts gehört), kam ich dem Leitsystem folgend noch an einem Checkout-Schalter vorbei, und dann war ich auch schon wieder draußen vor der Tür.

    Schritt 5: Nachbeobachtung

    Im Dienste der Wissenschaft beobachte ich jetzt noch ein paar Tage meine Impfsymptome mit der SafeVac-App des Paul-Ehrlich-Instituts.

    Bisher gibt es da allerdings nicht so viel zu erfassen — nur der Arm, in den ich die Spritze bekommen habe, tut weh.

    So, und jetzt gehe ich erstmal zurück in meinen Lockdown bis zum zweiten Impftermin am 9. Juni.

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