re-publica 2012: Die Vorträge – Tag 3

Previously on this Blog. Jetzt: Finale mit einem astreinen Fazit.

Blogvermarktung, 4.5., 10:00, Stage 7
Launisch moderiert von Nico Lumma überlegten René Walter (Gründer von Deutschlands größtem Fachblog für Zombies),  Vasco Sommer-Nunes (Gründer des Blogvermarkters mokono) und Jörg Blumtritt (Forschungschef bei der größten deutschen Mediaagentur mediacom) wie Blogger Geld verdienen können. Zusammen mit reger Publikumsbeteiligung kam am Ende raus:

  • Mit einer guten Nische (Zombies) und sehr langem Atem kann man vielleicht irgendwann die Miete mit Bloggen bezahlen.
  • Lasst euch nicht mit halbseidenen PR-Linkkoperationsanfragen und 5-Euro-Testlippenstiften abspeißen!
  • Keep it real und transparent!
  • Markiert bezahlte Beiträge.
  • paralleles professionelles Bloggen z.B. für ein Corporate-Blog, dass thematisch passt kann eine gute Einnahmequelle sein

Copyriots! Der Kampf der Kulturen, 4.5., 11:15, Stage 2Zum Aufregerthema der letzten Monate saß hier unter Leitung von Johnny Haeusler eine gut gemischte Runde zusammen, die das Thema Urheberrecht aus ihrer jeweiligen Perspektive diskutierte. Der Vertreter der GEMA hatte leider kurzfristig abgesagt und wurde ersetzt durch mspro. Alles in allem kam dann am Ende aber nicht viel Neues dabei rum, was man nicht schon in zig bei rivva verlinkten Beiträgen zum Thema gelesen hätte. Der wesentlich bessere Vortrag zur Debatte sollte erst noch folgen.

Twitter joining the conversation, 4.5., 13:45, Stage 1
Katie Jacob Stanton kam nach Berlin um die neue (Deutschland)-Strategie von Twitter zu erklären. Dabei gab es wenig Überraschendes was sich die letzten Wochen nicht schon angedeutet hätte. Das Deutschlandbüro wird in Berlin sein und man wird wohl noch ein paar Leute einstellen. Anhand der US-Beispiele, die sie vorführte kann man davon ausgehen, das Twitter inhaltliche Hashtag-Themensubhomes in den Bereichen TV und Sport bauen wird. Politik könnte auch noch dazukommen. In den USA konnten Twitter-User bei den Kandidatenwahlen der Republikaner per Hashtag über die Bewerber urteilen. Das Ergebnis wurde dann live in die Sendung eingeblendet. Alles in allem klang das nach eher dezenten und sinnvollen Erweiterungen, die sich relativ organisch aus dem was die User sowieso schon machen ergeben. Auf die Frage nach Erlösmodellen blieb Stanton zurückhaltend und verwies auf das bereits gestartete Vermarktungssystem.

Mashup – Lob der Kopie, 4.5., 15:00, Stage 5
Dirk von Gehlen, Redaktionsleiter von jetzt.de, fasste in seinem Vortrag die wichtigsten Thesen seines Buches Mashup – Lob der Kopie zusammen. Und das so gut und schlüssig, dass man jeden Teilnehmer der aktuellen Urheberrechtsdebatte dazu verpflichten möchte das Buch zu lesen oder sich zumindest den Vortrag anzuschauen. Von Gehlen zeigte anhand aktueller und historischer Beispiele, dass das Kopieren von Werken kulturell systemimmanent ist und schon immer war. Wenn man sich dessen erst mal bewusst ist kann und muss man an die aktuelle Debatte ganz anderes herangehen und sich überlegen, wie man die Interessen aller Beteiligten am besten ausgleichen kann. Dirk von Gehlen sieht eine Möglichkeit in einer Kulturflatrate. Zusammen mit anderen Maßnahmen und neuen Geschäftsmodellen, die der digitalen Welt gerecht werden kann und wird Kultur weiter bestehen. Für mich das Highlight der drei Tage.

Nutzertypen und Interaktion in einer Online-Debatte, 4.5., 16:15, Stage 8
Sebastian Horn, Leiter der Zeit.de-Community hat zusammen mit Sebastian Neufeind von der ETH Zürich die Kommentarkultur in der Zeit-Community ausgewertet. Dazu nahmen sie sich einen sehr stark kommentierten Beitrag zum Thema Grundeinkommen vor. Sie erfassten alle Kommentare und bewerteten diese nach unterschiedlichen inhaltlichen Kriterien. Die Daten werteten sie dann aus und destillierten vier Usergruppen: Der Pöbler, der Musterschüler, der Bemühte, der Besserwisser. Was diese User ausmacht und wie sie interagieren kann man der Präsentation entnehmen. In der anschliessenden Diskussion kamen noch mehr Fragen auf, die die beiden aus ihren Rohdaten noch gar nicht extrahiert hatten. Hier ist zu hoffen, dass der Rohdatensatz noch öffentlich zugänglich gemacht wird.

Und sonst so? (aka Fazit)
Die re:publica 2012 war toll. Aus mehreren Gründen:

Das Veranstaltungsgelände
Die STATION Berlin ist ein riesiges Gebäude mit Fabrikcharme. Die Räume boten genug Platz auch bei stark besuchten Vorträgen. Eine geniale Idee waren die bunten Plastikstühle, die im Innnenhofbereich zur freien Verfügung herumstanden und die man nach Belieben nutzen und z.B. auch in die einzelnen Vortragssäle mitnehmen konnte. Alles war so nah zusammen, dass man jederzeit spontan von einem Vortrag zum anderen flüchten konnte. Das Gebäude ist sehr gut erreichbar, liegt aber auch so weit ab von Hauptstadtattraktionen, dass wir das Gelände eigentlich nie verlassen haben. Man wollte gar nicht weg (auch aus den noch folgenden Gründen). Alles war so ein bisschen wie Schule. Nur in cooler. Nach jedem Vortrag traf man sich auf dem Pausenhof und quatschte mit anderen oder glotze einfach in sein Smartphone.

Die Verpflegung
Das Catering war topp. Slow-Food in der Kantine, diverse Snack-Stände und Abends der Grill im Außenhof. Alles zu sehr günstigen Preisen.

Die Leute
Anzugträger sah man wenige. Das waren dann wahrscheinlich Politiker oder Finanzblogger (die ihren eigenen Themenslot hatten). Ansonsten: bunte Internetpeople. Alle auf den ersten Blick sehr sympathisch und ansprechbar (was ich typbedingt eher selten gemacht habe). Aber ich hab mich sehr gefreut @guidocorleone nach sechs Jahren (bei der allerersten re:publica, da war ich nämlich auch schon) endlich mal wieder persönlich getroffen zu haben. Gleiches gilt für die smalltalkbegabteste Bloggerin Berlins, @dasnuf, die mir für eine halbe Stunde ihr Ohr lieh. Den Rest der Zeit war nerdiges Fachsimpeln mit @karummms, @onyildy@hipcheck und dem Berliner NEON-Outpost @christophkoch angesagt.

Die Sessions
Eine wahnsinnige thematische Vielfalt und soweit ich’s gesehen habe, eine durchgehend hohe Qualität zeichneten die Sessions aus. Richtig enttäuscht war ich eigentlich nur von den Innovationslaboren des Journalismus. Ich habe jedenfalls sehr viel Konkretes, als auch Inspirierendes aus den drei Tagen re:publica mitgenommen.

 

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