Gesundheit | Ich komme bei meiner Hausärztin in den Genuss einer Ultraschalluntersuchung. Als sie das Gerät einschaltet, meint sie, sie käme in fünf Minuten wieder. Das Gerät brauche ein bisschen, bis es startklar sei. Schnell Langsam wird klar warum: Es bootet auf Windows2000. Witze über den Digitalisierungsgrad des Gesundheitswesens sind da verlockend tief hängende Früchte, aber sie sind in diesem Fall verfaultes Obst: Das Internet ChatGPT weiß zu berichten, dass so alte Betriebssystem bei medizinischen Geräten aus verschiedenen Gründen durchaus üblich und nicht zwingend problematisch sind.
Und das Ultraschallgerät macht dann auch zuverlässig, was es soll: Es sucht. Und findet nichts. Das ist einerseits eine gute Nachricht, andererseits auch ein bisschen nicht so gut, weil meine Ärztin damit am Ende ihrer Diagnosekette angekommen ist und sich noch immer nicht recht eine ganze Woche unveränderten Durchfall, Appetitlosigkeit und Schlappheit erklären kann.
Sie schaut zur Sicherheit noch mal die ganzen Laborergebnisse durch, die sie eigentlich schon vor dem Ultraschall durchgeschaut hat und hat da wohl ein Häkchen übersehen. Jedenfalls teilt sie mir freudestrahlend mit, dass ich einen Parasiten namens Cryptosporidium hätte. Das Wort Parasit und ihre gute Laune passen für mich zwar nicht richtig gut zusammen, aber sie hat ja auch Medizin studiert und ich nur alle Alien-Filme gesehen. Sie versichert mir glaubwürdig, dass das im Prinzip eine gute Nachricht ist, weil man da zwar rein gar nichts dagegen machen kann, aber es auch nach zwei Wochen wieder von alleine weggeht.
Ich liege also passenderweise am Tag der Männergesundheit im Bett und weil das hier auch ein Serviceblog für Männergesundheit ist, der kurze Hinweis: macht regelmäßig Vorsorgeuntersuchungen, eine Darmspiegelung ist nicht schlimm und informiert euch z.B. mit der SWR1-Leute Sendung in der Urologe Jens Rassweiler zu Gast ist. Oder mit SWR Das Wissen über den Penis.
Mir bleibt also viel Zeit, um meine Podcast-Schlange leer zu hören. Es wird eine lehrreiche und unterhaltsame Genesungsphase. Ein paar Empfehlungen.
Zeitenwende | Sie tröpfelt langsam in unseren Alltag. Ich denke, die meisten von uns, einschließlich mir selbst, vermeiden bisher aber die tiefere Auseinandersetzung damit, was das WIRKLICH bedeutet. Über kurz oder lang kommen wir da aber nicht drumrum. Der Generalleutnant des Heeres der Bundeswehr im SWR1 Leute Interview. Es fallen Worte wie Heimatschutz, Dienstpflicht, Bunker. Und das es, wie ich es aus meiner Kindheit in den 1980er noch kenne, wieder üblich sein wird, dass lange Militärkonvois durch unsere Straßen – im besten Fall nur zum Manöver – fahren werden.
Mietpreise | Was kann man gegen die hohen Mieten in den Großstädten machen? Das Thema ist komplex. Mietpreisbremse klingt plausibel. Besserer Mieterschutz. Mehr bauen. Mehr kommunal bauen. Alles bestimmt nicht falsch. Aber ein ganz großer Hebel für hohe Mieten ist die Bodenfrage. In Metropolen wie München steigen die Bodenpreise immer weiter. Wer also ein Haus baut oder kauft muss erst mal sehr viel Geld für den Boden ausgeben, auf dem das Haus steht. Die Kosten werden dann über hohe Mieten wieder reingeholt. Warum ist der Boden so teuer? Marktwirtschaft. Hohe Nachfrage nach dem Produkt Boden. Begrenztes Angebot. Die Preise steigen.
Bei einem Alltagsprodukt, das jeder braucht, sagen wir mal Zahnbürsten, würde folgendes passieren: Alle wollen Zahnbürsten, Zahnbürsten werden knapp und plötzlich teuer. Der Markt reagiert, die Zahnbürstenindustrie produziert effizienter, produziert mehr, neue Zahnbürstenanbieter haben neue Ideen, Konkurrenz entsteht, die Preise fallen wieder. Die Zahnbürstenproduktion ist nach oben skalierbar. Bei Boden geht das nicht.
Die Ressource Boden ist begrenzt. Niemand kann die Bodenproduktion anwerfen und die Stückzahl erhöhen. Wir tun aber so, als wäre Boden ein beliebiges Produkt, auf das die Regeln der Marktwirtschaft anwendbar sind. Das ist keine superneue Erkenntnis. Der ehemalige Münchner Bürgermeister und SPD Politiker Hans Jochen Vogel hat das Thema der Bodenfrage seit den 1970ern zu seinem Lebensthema gemacht. Das müsste alles eigentlich viel breiter diskutiert werden, ich befürchte aber, es ist einfach zu komplex und passt nicht gut in Talkshows. Mietpreisbremse versteht da dann halt jeder gleich. In der Jetzt red I Sendung zum Thema Mietpreise gibt es zumindest einen ganz guten Rundumschlag zum Thema und alles wird einmal kurz andiskutiert. Und auf meinem Nachttisch liegt der Sammelband Die Bodenfrage zur tieferen Einarbeitung. Ebenfalls empfohlen sei der Podcast Bodenreformen zwischen Wunsch und Wirklichkeit.
Bäuerinnen | Immer mehr Frauen wollen Bauernhöfe übernehmen. Einfach haben sie es dabei immer noch nicht. Alte Strukturen und Denkmuster allerorten. Aber es geht was voran. Landwirtschaft – Die leise Revolution der Agrarfrauen.
Volles Risiko | Die Studie, dass Radfahrer mit Fahrradhelm riskanter fahren kannte ich als verkehrswendegestählter Online-Diskutant schon. Dass die Probanden aber anschließend auch beim Kartenspielen mehr ins Risiko gingen, wenn sie den Helm noch trugen – die Vorstellung hat mir dann doch ein bisschen Freude bereitet. Ein kleines Detail im Podcast: Das Wissen: Raus aus der Komfortzone – Warum sich Anstrengung lohnt
Zukunft der Mobilität | Oliver May-Beckmann leitet den Forschungscluster MCube. Sehr viele Menschen, die fast ein Jahrzehnt lang mit Bundesfördergeldern die Mobilität der Zukunft Zukunft der Mobilität am Beispiel München erforschen. Das Gespräch mit ihm in der neuen Ausgabe des Mucbook Podcasts Munich Next Level wirft einen erfrischend rationalen Blick auf das Thema. Flugtaxis und autonome Autos. Supergut. Aber halt nur für spezielle Anwendungsfälle. Die effizientesten Verkehrsmittel in dichten Räumen sind und bleiben große Gefäße, die viele Menschen auf einmal von A nach B bringen können. Das ist also nichts, was man neu erfinden muss. Es ist schon da, heisst ÖPNV und man muss ihn nur weiterentwicklen (autonomes Fahren). Außerdem berichtet Oliver Ergebnisse zum MCube Projekt Kolumbusstraße. Erinnern sich vielleicht sogar Nicht-Münchner dank umfangreicher überregionaler Berichterstattung dran. Für drei Monate wurden alle Autos aus einem kleinen Straßenteilstück genommen und durch Rasen und Sitzgelegenheiten ersetzt. Die Aufregung schien groß, ein Jahr später fällt das Ergebnis des Versuchs aber deutlich differenzierter und unaufgeregter aus und die nicht so lauten Stimmen haben ihren Weg in Umfrageergebnisse gefunden.
Neu denken | Ich mag die konstruktive Art meines Freundes Dirk. Dirk denkt immer zukunftsorientiert und schimpft mich, wenn ich zu sehr in der Retro-Nostalgie-Falle feststecke. Ein gutes Korrektiv. Und er schreibt mindestens einmal im Monat eine gute Keynote, die mich wieder motiviert.
Waltern | In der Retrobedeutungsverlustfalle stecken auch ziemlich viele Prominente fest, die meine Jugend geprägt haben. Der aktuelle Fall hat eine große Nase, ein großes Ego und sagt ein paar mal zu oft, dass er eigentlich gar nichts mehr sagen darf. Mein Freund Dirk hat natürlich auch hier wieder recht, wenn er sagt, dass man sowas am besten mit Aufmerksamkeitsentzug belohnt. Ignorieren und nicht verlinken. Schaff ich aber nur bedingt. Manchmal muss ich Dirk dann schreiben, dass ich es schon wieder getan, schon wieder einen Kommentar bei therealthomasgottschalk hinterlassen habe. Dirk ist dann gnädig, vergibt und bietet Hilfe an.
Es ist eine Mischung aus Gaffertum, Fassungslosigkeit, gleichzeitigem Abgleich, ob ich bei mir selbst auch schon so Symptome entdecke und der Tatsache, dass das ja eine gesellschaftliche Strömung ist, die, betrachtet man die Altersstruktur unseres Landes, durchaus groß sein dürfte.
Ich hör mir also auch weiter ab und zu eine Folge eines Podcasts an, in der ein ehemaliger Late-Night-Sidekick mit einem mir unbekannten anderen Mann laut darüber nachdenkt, ob man die Witze von damals heute noch machen darf, ob man sowas wie das N-Wort noch nutzen darf. Man darf – ihrer Meinung nach – und deshalb reproduzieren sie das N-Wort innerhalb einer Sendung auch massenhaft, wenn sie nicht gerade darüber monologisieren, wie geil man damals eigentlich war.
Ich beobachte das, spüle mir anschließend die Ohren aus, verlinke es aber nicht. Verlinken will ich positive Beispiele. Alte Männer (und Frauen) die waltern. Waltern – Das W steht für Würde. Wer waltert, altert in Würde.
Michael Mittermeier übers Gendern (nur so mittellustig), Torsten Sträter (sehr lustig) übers Gendern. Torsten Sträter (toll) bei Bosetti Late Night über Männlichkeit. Und Cordula Stratmann im Gespräch mit Hannes Ringlstetter.
Gut unterhalten | Die neue Staffel Kein Mucks ist gestartet, der Bohnige Wachmacher ist zweimal die Woche mein vollwertiger Start in den Tag und Durch die Gegend mit hat auch neue Folgen. Zum Lachen bringt mich Stand-up. Die eine Stunde Alex Stoldt ist das Lustigstes, was ich seit langem gesehen hab, Falsch aber lustig ist gut für zwischendurch und Till Reiners Happy Hour hat meistens auch eine gute Mischung.
In eigener Sache | Ich durfte im Podcast hr2 Der Tag zu unserem autobesitzlosen Leben erzählen (die letzten 10 Minuten). Weil aller guten Dinge drei sind und ich 2020 schon mal in einem Der Tag Podcast zu Gast war: Ich bin offen für weitere Einladungen (nicht nur von Der Tag Podcasts)
@heibie Danke für die vielen Hörtipps